Annuitätendarlehen – der Klassiker der Baufinanzierung

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Wohnimmobilien werden meist über ein Annuitätendarlehen finanziert. Welche Vor- und Nachteile diese Darlehensvariante hat und auf welche Details zu achten ist.

Was ist ein Annuitätendarlehen?

Bei einem Annuitätendarlehen zahlt der Darlehensnehmer innerhalb eines festgelegten Zeitraums – der sogenannten Zinsbindungsfrist –  eine gleichbleibende Darlehensrate an den Kreditgeber, meistens die Bank. Die Raten setzen sich aus einem Zins- und einem Tilgungsanteil zusammen. Der Zinssatz des Darlehens ist fix, die anfängliche Tilgung ebenfalls. Mit jeder Rate, die der Darlehensnehmer zahlt, wird ein kleiner Teil des Baukredits getilgt, somit verringert sich die Restschuld.

Wie berechnet sich ein Annuitätendarlehen?

Annuitaetendarlehen, Beratung, Foto: iStock.com / Kerkez
Wer sich für ein Annuitätendarlehen bei der Baufinanzierung entscheidet, sollte vorab vergleichen und sich beraten lassen. Foto: iStock.com / Kerkez

Beim Annuitätendarlehen ist die Monatsrate über den gesamten Zeitraum gleich hoch, Allerdings sinkt der Zinsanteil mit jeder Rate, während der Tilgungsanteil steigt. Wie sich die Restschuld mit der Zeit entwickelt, lässt sich aus dem Tilgungsplan ablesen, den Banken bei Abschluss eines Baukredits aushändigen.

Konkret bedeutet das: Wer beispielsweise ein Annuitätendarlehen über 100.000 Euro mit einer anfänglichen Tilgung von einem Prozent abschließt, zahlt nicht 100 Jahre lang jährlich 1.000 Euro plus Zinsen ab; durch den fortlaufend steigenden Tilgungsanteil ist der Kredit schneller abbezahlt. Wie schnell, hängt dann von der Zinshöhe ab.

Berechnungsformel für das Annuitätendarlehen

Die Formel:
Monatsrate = [Darlehenshöhe * (Zinssatz + Tilgungssatz) / 100 / 12 Monate

Beispielrechnung:
Bei einem Darlehen über 100.000 Euro, 4 Prozent Zinsen und 2 Prozent Tilgung ergibt sich:
Monatsrate = [100.000 * (4 + 2) / 100] / 12 Monate = 500 Euro

Wie lange dauert es, bis ein Annuitätendarlehen abbezahlt ist?

Wie schnell ein Annuitätendarlehen mit einer bestimmten Anfangstilgung abbezahlt ist, hängt auch von der Höhe der Zinsen ab: Bei hohen Zinsen ist der Zinsanteil der frühen Raten sehr hoch. Er sinkt aber auch mit fortschreitender Tilgung schneller als bei einem Darlehen mit niedrigen Zinsen, bei dem der Zinsanteil an der Rate entsprechend geringer ist.

Deshalb gilt die Grundregel: Niedrige Zinsen für ein Annuitätendarlehen bedeuten zwar eine niedrige Monatsrate, aber bei einer geringen Tilgung auch eine längere Laufzeit als bei höheren Zinsen.

Wie hoch sollte die Tilgung des Annuitätendarlehens sein?

In Zeiten sehr niedriger Zinsen sollte deshalb eine möglichst hohe Tilgung für das Annuitätendarlehen vereinbart werden. So werden die Gesamtschulden wesentlich schneller abgebaut. Denn gerade in einer Niedrigzinsphase haben Bauherren und Immobilienkäufer einen erheblichen finanziellen Spielraum, da der monatlich zu zahlende Anteil der Zinskosten an der Rate viel geringer ist, als dies in einer Hochzinsphase der Fall wäre. Insgesamt muss die maximal tragbare monatliche Belastung aber immer im Blick behalten werden.

Link-Tipp

Budgetrechner: So viel darf die Immobilie kosten

Es gibt noch einen weiteren Aspekt, warum in Niedrigzinsphasen eine möglichst hohe Tilgung vereinbart werden sollte: Bei Annuitätendarlehen wird oft eine Zinsbindung von 10 oder 15 Jahren vereinbart. Bei einer nur niedrigen Tilgung wäre nach Ablauf der Zinsbindungsfrist noch eine erhebliche Restschuld übrig. Sollten die Zinsen für die Anschlussfinanzierung dann deutlich höher sein, wäre ab diesem Zeitpunkt eine höhere Monatsrate fällig, die viele Bauherren in Bedrängnis bringen könnte. Bei einer höheren Tilgung ist nach Ablauf der Zinsbindung bereits ein beachtlicher Teil des Darlehens getilgt, weshalb dann höhere Zinsen nicht mehr so stark ins Gewicht fallen würden.

Während einer Hochzinsphase wird die Annuität einer Baufinanzierung, teurer für den Kreditnehmer. Der zu zahlende Zinsanteil der Annuität steigt dabei stark an.

100.000-Euro-Darlehen

Wie viel muss ich pro Monat zahlen und wann bin ich schuldenfrei?
Zins: 9 %
Tilgung: 1 %
Monatsrate: 833 €
schuldenfrei nach 26 Jahren
Zins: 2 %
Tilgung: 1 %
Monatsrate: 250 €
schuldenfrei nach 55 Jahren
Zins: 4,5 %
Tilgung: 2 %
Monatsrate: 542 €
schuldenfrei nach 26 Jahren
Zins: 4,5 %
Tilgung: 6 %
Monatsrate: 875 €
schuldenfrei nach 12,5 Jahren
 

Warum hängt beim Annuitätendarlehen die Zinshöhe vom Eigenkapital ab?

Wie hoch die Zinsen eines Annuitätendarlehens letztendlich sind, hängt nicht nur davon ab, ob gerade eine Niedrig- oder Hochzinsphase ist. Auch die Höhe des Eigenkapitals beeinflusst die Höhe der Bauzinsen maßgeblich. Der Grund: Bei wenig Eigenkapital trägt die Bank ein höheres Risiko, dass der Kreditnehmer seinen Zahlungspflichten nicht nachkommen kann und schlimmstenfalls nicht das gesamte Geld zurückzahlt. Dafür berechnet die Bank für das Annuitätendarlehen einen Zuschlag in Form von höheren Zinsen. Auch die Länge der Zinsbindung und weitere Faktoren beeinflussen den individuellen Zinssatz.

Welche Vorteile hat ein Annuitätendarlehen?

Dass sich die Mehrzahl der Bauherren und Immobilienkäufer für ein Annuitätendarlehen entscheiden, kommt nicht von ungefähr. Die Vorteile im Überblick:

  • Das Annuitätendarlehen bietet hohe Planungssicherheit: Die Raten sind über den gesamten vereinbarten Zeitraum der Zinsfestschreibung konstant. Üblich sind heute lange Laufzeiten von 10 oder 15 Jahren. Manche Banken bieten sogar 20-jährige Laufzeiten an
  • Das Annuitätendarlehen bietet Transparenz: Die Banken sind gemäß Preisangabenverordnung verpflichtet, neben dem Nominalzinssatz (Sollzins) auch den Effektivzins anzugeben. Letzterer enthält auch Darlehensnebenkosten. Damit können die Angebote verschiedener Banken gut miteinander verglichen werden.
Info

Volltilgerdarlehen

Auch ein Volltilgerdarlehen ist ein Annuitätendarlehen, bei dem der Baukredit innerhalb der Zinsbindungsfrist komplett getilgt wird. Eine Anschlussfinanzierung ist dann nicht mehr nötig.

Welche Nachteile hat ein Annuitätendarlehen?

Ein Annuitätendarlehen hat aber nicht nur Vor-, sondern auch Nachteile:

  • Der Darlehensnehmer hat keine Gewissheit über die Zinshöhe, die er bei der Anschlussfinanzierung nach Ablauf der Zinsbindung zu zahlen hat. Diesen Nachteil haben zum Beispiel Bauspardarlehen oder Volltilgerdarlehen nicht.
  • Das Annuitätendarlehen ist wenig flexibel. Das Darlehen kann während der Zeit der Zinsfestschreibung in der Regel nicht gekündigt werden.

Kann ich mein Annuitätendarlehen vorzeitig kündigen?

Läuft die Zinsfestschreibung länger als zehn Jahre, hat der Darlehensnehmer ein einseitiges Sonderkündigungsrecht, das er mit einer Frist von 6 Monaten wahrnehmen kann. Aber Vorsicht: Wird ein Darlehen in mehreren Teilbeträgen ausgezahlt – was oft beim Neubau der Fall ist – beginnt die Frist erst dann zu laufen, wenn das Darlehen vollständig abgerufen wurde.

Ansonsten gilt: Nur in Ausnahmefällen lassen sich Banken auf eine vorzeitige Rückzahlung des Darlehens ein, sie verlangen dann allerdings eine Vorfälligkeitsentschädigung, die ihren entgangenen Gewinn abdecken soll.

Annuitätendarlehen: Darauf sollten Darlehensnehmer achten

  • In Zeiten hoher Zinsen sollte in der Regel eine eher kurze Sollzinsbindung gewählt werden. Alternative: Ein variables Darlehen, das in ein Darlehen mit fester Laufzeit umgewandelt wird, sobald das Zinsniveau deutlich sinkt.
  • Lange Zinsbindungen sind dagegen gerade in Niedrigzinsphasen trotz Zinsaufschlag empfehlenswert. Weil seit einiger Zeit selbst für langlaufende Darlehen meist weniger als zwei Prozent Zinsen fällig werden, gibt eine lange Zinsfestschreibung zusätzliche Sicherheit und ermöglicht auch eine höhere Tilgung.
  • Unter Umständen kann auch ein zinsvergünstigtes KfW-Darlehen die monatliche Annuität senken. Bei der Förderung gilt: Je besser die Energieeffizienz der Immobilie, desto höher die KfW-Förderung.
  • Darlehensnehmer sollten eine Sondertilgungsoption vereinbaren. Die meisten Banken bieten die Möglichkeit, während der Laufzeit Sondertilgungen zu tätigen. Oftmals beläuft sich die jährlich mögliche Sondertilgung auf fünf Prozent der ursprünglichen Darlehenssumme.
  • Die Höhe der Tilgung sollte in einem sinnvollen Verhältnis zum Lebensalter, beziehungsweise zum Renteneintritt stehen. Wer noch jung ist, kann eine niedrige Tilgung wählen und sich entsprechend eine teurere Immobilie leisten. Wer dagegen schon in der Mitte des Lebens angelangt ist, muss darauf achten, dass er zum Renteneintritt schuldenfrei ist.

Wie hoch darf ein Immobiliendarlehen abhängig vom Lebensalter sein?

Bei einer Monatsrate von 1.000 Euro zeigt sich: Je kürzer die Laufzeit, desto höher die Tilgung und desto geringer der mögliche Darlehensbetrag. Bei der Berechnung wurde ein Zinssatz von 1,5 Prozent zugrunde gelegt.

1.000-Euro-Monatsrate

Wie hoch kann mein Darlehen bei einem Zins von 1,5 Prozent sein und wie lange muss ich abbezahlen?
Alter: 30 Jahre
Tilgung: 2 %
schuldenfrei nach 37 Jahren
Darlehenssumme: 340.000 Euro
Alter: 40 Jahre
Tilgung: 3 %
schuldenfrei nach 27 Jahren
Darlehenssumme: 270.000 Euro
Alter: 50 Jahre
Tilgung: 5,1 %
schuldenfrei nach 17 Jahren
Darlehenssumme: 180.000 Euro
  Alter: 55 Jahre
Tilgung: 7,6 %
schuldenfrei nach 12 Jahren
Darlehenssumme: 132.000 Euro

Wie findet man den besten Anbieter für das Annuitätendarlehen?

Es ist immer ratsam, Angebote von mehreren Banken einzuholen und mit Banken zu verhandeln, um die bestmöglichen Konditionen auszuhandeln. Schon kleine Zinsdifferenzen bewirken im Zeitverlauf beachtliche Kostenunterschiede, wie nachfolgende Beispielrechnung zeigt:

Kleine Zinsdifferenzen, große Einsparung

Bei ansonsten gleichen Konditionen verlangt Bank A für ein 300.000-Euro-Darlehen mit einer Zinsfestschreibung von 15 Jahren und 2 Prozent Tilgung 4 Prozent Zinsen, Bank B verlangt 3,8 Prozent.

Bei Bank A belaufen sich die Zinszahlungen während der Laufzeit auf rund 146.955 Euro, die Restschuld beläuft sich auf rund 176.955 Euro.

Bei Bank B belaufen sich die Zinszahlungen während der Laufzeit auf rund 136.426 Euro, die Restschuld beläuft sich auf rund 179.926 Euro.

Das Angebot der Bank B ist somit um rund 7.500 Euro günstiger.

Lohnt sich eine Restschuldversicherung?

Soll eine Restschuldversicherung mit abgeschlossen werden? Viele Baufinanzierer bieten eine solche Police oft gleich zusammen mit dem Darlehen an. Sie soll zum Beispiel bei Arbeitslosigkeit oder Tod des Hauptverdieners einspringen. Aber nicht immer ist eine solche Versicherung sinnvoll, oft sind eine Risikolebensversicherung und eine Berufsunfähigkeitsversicherung die bessere Wahl.

Achtung: Diese Fallstricke gibt es beim Annuitätendarlehen

Zwar sind die Banken gesetzlich verpflichtet, den Sollzins genau auszuweisen, es gibt jedoch Unterschiede im Detail: Wie hoch sind Bereitstellungszinsen für noch nicht abgerufene Darlehensteile und ab wann werden sie fällig? Gibt es vertragliche Regelungen zur Vorfälligkeitsentschädigung? Ist die gesetzliche Widerrufsbelehrung enthalten? – eine fehlerhafte oder fehlende Belehrung führt zu einer längeren Widerrufsfrist, was vorteilhaft für den Verbraucher ist.

Wer sich mehrere Angebote einholt, hat gute Chancen, die optimale Immobilienfinanzierung zu erhalten.

Frank Kemter27.01.2022

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