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Auf den ersten Blick ist ein gebrauchtes Haus oft günstiger als ein Neubau. Doch Renovierungsfallen können die Investition nachträglich teurer machen. So entlarven Käufer hohe Renovierungskosten.
Alt, aber charmant: Gebrauchte Häuser bringen beim Kauf einige Vorteile. Im Vergleich zu einem neuen Haus sind sie meist günstiger. Zudem befinden sie sich oft in einer gewachsenen Umgebung, weit ab vom Neubaugebiet. Vor allem aber ist es das Haus an sich, das überzeugt: der Stil einer vergangenen Epoche, der Gang über historisch anmutende Parkettböden oder der Blick aus hohen Fenstern.
Trotzdem sollten sich Käufer nicht zu stark von der ersten Begeisterung mitreißen lassen, hinter dem schönen Schein steckt oft mehr Renovierungsbedarf als man denkt. Wer den Aufwand und die Kosten für das Renovieren realistisch einschätzen will, sollte daher zur Sicherheit einen Gebäudegutachter zu Rate ziehen.
Hier lauern Renovierungsfallen beim Haus:
Manchmal ist die Elektroinstallation in gebrauchten Häusern veraltet und das Stromnetz ist für die Anschlüsse, die man in der heutigen Zeit braucht, nicht mehr ausreichend. Die Folge: Werden zu viele Haushaltsgeräte auf einmal angeschlossen, ist das Stromnetz schnell überlastet. Michael Pils, Bausachverständiger und Diplomingenieur von Bau, Haus und Garten in München erklärt: „Früher gab es nur drei Schaltkreise, wo heute zehn bis 20 installiert werden.“ Zudem waren in älteren Häusern oft nur Schraubsicherungen verbaut, und in alten Installationen waren keine FI-Schalter vorhanden. Dieser Schalter kann jedoch schlimme Unfälle verhindern: kommt es zu starken Unterschieden in der Stromstärke, unterbricht er den Stromkreis. Fehlt er aber und eine Person berührt eine Spannung führende Leitung, kann sie ein Stromschlag treffen. Laut Pils kann es bei einem Kurzschluss außerdem zum Kabelbrand kommen.
Ähnlich alt wie das Haus ist meist auch die eingebaute Heizung. Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) schreibt eigentlich vor, dass ältere Heizungen ausgetauscht werden müssen. Das betrifft Heizkessel, die bis Ende 1984 eingebaut wurden. Heizkessel, die ab 1985 eingebaut wurden, dürfen maximal 30 Jahre in Betrieb sein und müssen dann raus. Davon ausgenommen sind laut Michael Pils lediglich Brennwert- oder Niedertemperaturheizkessel. Dennoch kann es sein, dass der Hausbesitzer dieser Pflicht nicht nachgekommen ist.
Wer sein Haus energetisch modernisiert, kann Fördermittel von der KfW-Bank bekommen. Hier erfahren Sie, wie die KfW bestimmte Einzelmaßnahmen fördert. Kontaktieren Sie hierzu einen zugelassenen Energieberater.
Oft müssen bei gebrauchten Häusern die Warmwasserleitungen ausgetauscht werden, denn im Laufe der Zeit setzt sich immer mehr Kalk in den Rohren ab, wodurch weniger Wasser durchfließt. Oft sind auch die Leitungen korrodiert, also verrostet, – dann droht die Gefahr eines Wasserrohrbruchs.
Bauexperte Pils sagt: „Wenn die Leitungen mit Kalk zugesetzt sind, müssen sie ausgetauscht werden.“ Und das kann teuer werden.
Bleirohre müssen schon draußen sein: Laut Pils wurden Bleirohre im Süden Deutschlands flächendeckend ausgetauscht und seien nur noch ganz vereinzelt anzutreffen. Seit dem 1. Dezember 2013 sind sie als Trinkwasserleitungen nicht mehr erlaubt und müssen ausgetauscht werden. Wer ein gebrauchtes Haus kauft, sollte daher darauf achten, dass der Eigentümer sich schon darum gekümmert hat.
Daran erkennt man Bleirohre: Bleirohre zeichnen sich durch eine graublaue Farbe aus, sofern sie nicht überstrichen wurden. An Stellen, an denen man sie leicht einritzt, sind sie kupferfarben. Klopft man dagegen, ertönt ein dumpfes Geräusch.
Temperaturbeständig und stabil: wegen diesen beiden Eigenschaften war Asbest in den 1960er und 70er Jahren ein verbreitetes Baumaterial und ein Bestandteil von Welldächern, Fassadenplatten oder Fußbodenbelägen. Erst 1993 wurde seine Herstellung und Verarbeitung verboten, denn Asbest ist schwer gesundheitsschädlich. Michael Pils erklärt: „Das Material ist extrem kurzfaserig; die Asbestfasern sind ungefähr zwei Mikrometer groß. Wenn sie eingeatmet werden, setzen sie sich in der Lunge fest und können Lungenkrebs verursachen.“ Auch heute noch könne in älteren Häusern asbesthaltiges Material in Form von Asbestzement verbaut sein. Verwittert der Zementanteil, gelangen die Fasern in die Luft und werden zur Gesundheitsgefährdung.
Schimmel ist ein heimtückischer Pilz, denn nicht immer ist er sichtbar. In gebrauchten Häusern kann es sein, dass er schon einmal in der Vergangenheit aufgetreten und wieder verschwunden ist. Deshalb ist er aber nicht gleich weg. Oft sitzen seine Wurzeln weiterhin in den Wänden, denn Tapetenkleister, Raufasertapete und Dispersionsfarbe bilden dafür einen idealen Nährboden. Sobald an einer Bauteiloberfläche für 48 Stunden eine Luftfeuchtigkeit von sieben oder acht Prozent herrsche, sei die Gefahr von Schimmelwachstum sehr groß, so Pils.
Wenn bei gebrauchten Häusern die Fenster ausgetauscht werden, kann leicht Schimmel auftreten.
Der Bauexperte erklärt: „Wenn die alten Fenster nicht ganz dicht waren, war es davor zugig. Durch die neuen, sehr luftdichten Fenster gibt es aber keine ‚automatische Zwangslüftung‘ mehr.“ Als Folge steige die Luftfeuchtigkeit über den Grenzwert und am kältesten Außenbauteil entsteht Tauwasser und Schimmelpilz. Wer bei seinem gebrauchten Haus die Fenster erneuert, Sollte sich darum Gedanken über den Einbau einer Lüftungsanlage machen. Auch diese Maßnahme wird staatlich genauso gefördert wie der Fensteraustausch.
Es gibt viele Arten und Ursachen für Schäden an der Substanz, die das Renovieren des Hauses richtig teuer machen. Bauexperte Michael Pils erklärt, wie man sie erkennt:
Setzungsrisse: Wenn sich die Erde unter dem Haus absenkt, können Setzungsrisse entstehen. Laut Pils erkennt man sie daran, dass sie von der Außenfassade bis nach innen durchgehen und treppenförmig verlaufen. Sie können aber auch zwischen Decke und Wand entstehen. Der Bauexperte erklärt: „ Gründe für die Fundamentsetzung gibt es viele, zum Beispiel die Unterspülungen durch defekte Abwasser- oder Regenwasserleitungen, Nachbarbaustellen in der Tiefgarage oder auch ein ungeeigneter Baugrund.“
Aufsteigende Feuchtigkeit: Dieses Problem tritt laut Michael Pils besonders bei Häusern aus der Gründerzeit auf. Denn bei Vorkriegsgebäuden sei der Keller meist nicht aus Beton, sondern gemauert, wodurch es zu aufsteigender Feuchtigkeit kommen kann. Der Bauingenieur erklärt: „Man erkennt das oft am Außenputz, in einer Höhe von etwa ein bis zwei Metern über dem Boden ist rund um den Altbau ein Streifen, an dem sich Ausblühungen zeigen und der Putz abfällt.“ Um weitere Schäden zu vermeiden, gibt es verschiedene Methoden, die Feuchtigkeit aufzuhalten. Die Kosten dafür beginnen bei einem Familienhaus laut Michael Pils ab etwa 10.000 bis 12.000 Euro.
Hausschwamm: Beim Hausschwamm handelt es sich um einen Pilz, der zunächst im Dach oder im Keller auftaucht. Der Bauexperte erklärt: „Wenn pilzartige Auswüchse auftreten, speziell an Holzteilen, kann das der Hausschwamm sein.“ Dieser sei besonders gefährlich, da er auch innerhalb der Hauswand wachsen kann, bis er vom Keller in den Dachstuhl gewachsen ist. Michael Pils erklärt, welche Renovierungsarbeiten nötig werden: „Holzbestandteile müssen in der Regel komplett ausgetauscht werden. Es folgt eine chemische und/ oder eine thermische Behandlung.“ Er rät, Die Hilfe eines Sachverständigen sei hier unerlässlich. Bei schwerem Befall können die Sanierungskosten so hoch werden, dass sich eine Sanierung nicht mehr lohne und das Haus besser abgerissen werde.
Wenn der Käufer sich ein gebrauchtes Haus anschafft, das sich hinterher als Schwarzbau entpuppt, ist das ärgerlich. Denn ein Schwarzbau ist ein Gebäude, das ohne Baugenehmigung errichtet wurde und muss schlimmstenfalls abgerissen werden.
Es gibt dabei zwei Arten von Schwarzbau. Stephan Hofbeck, Fachanwalt für Miet- und Wohneigentumsrecht sowie Bau- und Architektenrecht bei der Kanzlei Dr. Waldmann Kohler & Kollegen in Nürnberg, erklärt:
So können Käufer einen Schwarzbau entlarven: Hofbeck rät Kaufinteressenten, die Bauregistratur bei der zuständigen Baubehörde einzusehen. Dort können Kaufinteressenten erfahren, ob für das Gebäude eine Baugenehmigung nötig gewesen wäre und ob diese vorliegt. Der Käufer muss dazu ein berechtigtes Interesse nachweisen können. Kann er das nicht, sollte er zumindest eine Vollmacht des Eigentümers vorweisen können.
Dass ein gebrauchtes Haus oft nicht mit neueren Häusern mithalten kann, dürfte die wenigsten Käufer überraschen. Entsprechende Mängel aufgrund des Alters müssen darum meist hingenommen werden. Aber: wenn der Käufer aufgrund der Äußerungen des Verkäufers andere Erwartungen hat und das Haus deshalb kauft, können Forderungen möglich sein. Denn wird eine kaufentscheidende Erwartung nicht erfüllt, ist das ein Sachmangel (§ 434 BGB). Wenn das der Fall ist, rät Hofbeck: „Der Käufer sollte den Verkäufer zur Mängelbeseitigung auffordern und ihm dafür eine angemessene Frist setzen .“
Wenn der Verkäufer einen Sachmangel mit Absicht verschweigt, verharmlost oder gar das Gegenteil behauptet, handelt es sich laut dem Rechtsexperten um arglistige Täuschung. Hofbeck erklärt: „Arglistig handelt der Verkäufer, wenn er nicht auf kaufentscheidende Mängel hinweist.“ Die Arglist zu beweisen sei aber schwierig, denn der Käufer müsse dem Verkäufer die Kenntnis dieses Mangels nachweisen können. An diesem Punkt kann die Forderung oft scheitern.
Experten-Tipp: Hofbeck empfiehlt, immer einen Zeugen auf die Besichtigung mitzunehmen und gezielt nach möglichen Mängeln zu fragen. Erweckt der Verkäufer falsche Erwartungen, die kaufentscheidend sind, zum Beispiel indem er Mängel herunterspielt, kann der Käufer das durch den Zeugen nachweisen.
Auch wenn die Begeisterung für den Altbau groß ist, sollten Interessenten den Kauf nicht überstürzen. Zur Sicherheit ist es besser, noch einmal einen Besichtigungstermin zu vereinbaren und ein Architekten oder Bauingenieur mitzunehmen. Der kostet zwar auch Geld, kann aber realistisch einschätzen, was es kostet das Haus zu renovieren. So schützt sich der Käufer vor einem möglichen Fehlkauf.
Wer ein renovierungsbedürftiges Haus kauft, muss je nach dem das doppelte vom Kaufpreis für Renovierungskosten zahlen. Wie viel Ihnen insgesamt zur Verfügung steht, können Sie mit dem Budgetrechner berechnen.
Inka am 04.10.2021 17:21
Sehr geehrte Damen und Herren,
natürlich befasst man sich mit der Zeit mit diversen Themen, lernt selbstverständlich unabhängig in verschiedenen Baubereichen dazu, was mit Überlegung unabwendbar ist.
Doch die Vielzahl der Tücken ist mitunter groß.
Deshalb mache ich Ihnen hier ein ehrliches Kompliment, denn Sie vermitteln sehr interessante und aufschlussreiche Informationen, die man nur wie ein Schwamm aufsaugen kann.
Vielen Dank für die hilfreichen und guten Ausarbeitungen, die absolut bereichernd sind.
auf Kommentar antwortenImmobilienTycoonBossog am 04.10.2021 12:25
Der aktuelle Zustand einer Immobilie ist von entscheidender Bedeutung. Auch Investment-Immobilien, also vermietete Einheiten, sollten vor dem notariellen Kaufvertrag unbedingt besichtigt werden. Wenn die Immobilie in die engere Wahl kommt würde ich immer eine zweite Besichtigung machen mit einem Diplom-Bauingenieur damit die kommenden Kosten kalkuliert werden können.
PS: Ein sehr wichtiger sowie sehr gut gemachter Artikel zum Thema Immobilie zum Kauf. Dieses Basiswissen sollte jeder potenzielle Immobilienkäufer haben.
auf Kommentar antwortenIGW am 08.01.2020 15:37
Warum keine entsprechenden informativen (Alltags-) Beispiele?
Wäre sinnvoll.
LG
IGW
auf Kommentar antwortenImmowelt-Redaktion am 09.01.2020 09:18
Hallo IGW,
konstruktive Kritik ist immer willkommen. Könnten Sie uns bitte ein paar Beispiele nennen, was Sie sich vorstellen?
Beste Grüße
die Immowelt-Redaktion