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Dem Bestellerprinzip bei Kaufimmobilien sehen viele Immobilienprofis besorgt entgegen. In vielen europäischen Ländern arbeiten Makler aber schon seit Jahren erfolgreich nach diesem oder ähnlichem Prinzip – zu zum Teil deutlich geringeren Vermittlungsgebühren. Wir zeigen, wie das möglich ist und was sich deutsche Makler von ihren europäischen Kollegen abschauen könnten.
Strengere Regulierungen des Immobilienmarktes sind in vielen Ländern nichts Ungewöhnliches: In den Niederlanden und der Schweiz zum Beispiel zahlt seit vielen Jahren grundsätzlich der den Makler, der ihn beauftragt. In Italien wird die Provision geteilt.
Auffällig dabei ist, dass die Vermittlungsgebühren in den meisten anderen europäischen Ländern wesentlich geringer sind als in Deutschland. Gerade an besonders starken Immobilienmärkten wie in Großbritannien oder Dänemark wird deutlich, dass die Makler strengen Regeln unterliegen und deren Kunden weit weniger zahlen.
Eine Übersicht der üblichen Maklerprovisionen und Regulierungen in ausgewählten europäischen Ländern:
Land | Provisionsprinzip | Übliche Courtage (netto, gerundet) |
Belgien | Bestellerprinzip | 3-5 Prozent |
Dänemark | Bestellerprinzip | 3 Prozent |
Deutschland | ab 23.12.2020 Provisionssplit | 6 Prozent (wird dann bei Doppeltätigkeit 50:50 zwischen Käufer und Verkäufer aufgeteilt) |
Frankreich | Bestellerprinzip | 3-8 Prozent |
Großbritannien | Bestellerprinzip | 1-3,5 Prozent |
Irland | Bestellerprinzip | 1-2,5 Prozent |
Italien | Provisionsplit | 2-6 Prozent (jede Partei) |
Kroatien | Bestellerprinzip | 3 Prozent |
Luxemburg | Bestellerprinzip | 3 Prozent |
Niederlande | Bestellerprinzip | 1,5 Prozent |
Norwegen | Bestellerprinzip | 1,8 Prozent |
Polen | Provisionssplit | 2-4 Prozent (jede Partei) |
Schweden | Bestellerprinzip | 1,5-4,5 Prozent |
Schweiz | Bestellerprinzip | 3 Prozent |
Spanien | Bestellerprinzip | 5 Prozent |
In den meisten europäischen Ländern arbeiten Immobilienmakler nach dem Bestellerprinzip – sei es gesetzlich festgeschrieben oder weil es gängige Praxis ist. Die Provision liegt fast überall unter den in Deutschland üblichen rund sechs Prozent netto. Warum das trotzdem funktioniert? Wirft man einen Blick auf den Beruf des Immobilienmaklers im europäischen Ausland, zeigt sich schnell: Ausbildung, Qualifikationen und Zusatzleistungen spielen dort eine große Rolle. Viele Immobilienprofis im europäischen Ausland haben eine staatliche Fachausbildung oder einen Studienabschluss als Immobilienmakler. Dieser Nachweis über die fachliche Qualifikation ist in einigen Ländern, wie beispielsweise den skandinavischen, sogar Pflicht. Wer zum Beispiel in Dänemark als Makler arbeiten will, muss eine aufwendige staatliche Fach- und Eignungsprüfung bestehen. Die meisten Makler absolvieren daher ein spezielles Studium oder eine kaufmännische Ausbildung und belegen mehrere Jahre lang Fortbildungskurse im Abendstudium.
Auch in Deutschland haben Makler eine Fortbildungspflicht. Wie Sie diese erfüllen, lesen Sie hier.
Mit welchen Qualifikationen die europäischen Profis außerdem überzeugen, zeigen drei Beispiele:
In der Schweiz gilt ist das Bestellerprinzip gesetzlich vorgeschrieben. Je nach Wert der Immobilie liegen die Provisionen zwischen zwei und fünf Prozent. Stetig steigende Immobilienpreise in der Schweiz führen in der Regel zu Recht hohen Provisionen.
Zwar brauchen Makler in der Schweiz ähnlich wie in Deutschland keine spezielle Ausbildung. „Um zu überzeugen sind Kompetenz und Vielfalt bei den Serviceleistungen aber wichtig,“ betont Sebastian Hirsch, Immobilienfachmann der Von Hirsch GmbH mit Sitz in Zürich und auf der Insel Reichenau im Kreis Konstanz. Hirsch hat ein Maklerbüro in Deutschland und in der Schweiz und kennt beide Märkte. „Ein erfolgreicher Makler hat Marketingpower und ein Alleinstellungsmerkmal, durch das er sich von anderen Maklern abhebt,“ erklärt Hirsch. Das können zum Beispiel Zusatzzertifikate oder freiwillig besuchte Fachseminare sein.
Ein weiterer Schlüssel zum Erfolg ist guter Kundenkontakt und Empathie. Kennt der Makler seine Kunden und ihre Bedürfnisse genau, kann er sie passend beraten. „Das sorgt für Weiterempfehlungen, welche immer noch unbezahlbar sind,“ erklärt Hirsch und fügt hinzu: „Der klassische Immobilienverkäufer in einem Alter von 60+ ist digital vielleicht nicht so bewandert. Jüngere Kunden sind hingegen meist nur digital unterwegs, sie haben einen anderen Fokus.“
Tipps für nachhaltiges netzwerken finden Sie in unserem Artikel.
In Frankreich ist das Bestellerprinzip bei Kaufimmobilien gängige Praxis – beauftragt wird der Makler meist vom Verkäufer. Für diesen ist er dann auch vorrangig tätig und überprüft unter anderem die Seriosität des Käufers.
Die Provision beträgt in der Regel zwischen drei und acht Prozent. „Der Wettbewerb in Frankreich ist sehr transparent, denn Makler sind verpflichtet ihre Provision öffentlich in den Geschäftsräumen und allen Verkaufsunterlagen auszuweisen,“ erklärt Peter Trautwein von Meissler & Co Immobilien, der seit 15 Jahren internationale Immobilien vornehmlich in Frankreich vermittelt.
Französische Immobilienprofis haben ein Studium und anschließend eine Ausbildung absolviert. „Die Voraussetzungen und Vorschriften, um als lizensierter Makler in Frankreich tätig zu werden, sind komplex und anspruchsvoller als bei uns in Deutschland,“ sagt Trautwein. „Kunden in Frankreich haben dadurch aber mehr Sicherheit, denn der Makler muss strenge Standards zum Schutz der Kunden erfüllen.“
Verpflichtend sind für französische Makler auch hohe Pflichtversicherungen. „Das bietet dem Kunden zusätzliche Sicherheit und vermittelt ihm ein gutes Gefühl,“ sagt Trautwein. „Kunden gehen so insgesamt ein geringeres Risiko ein, das ist auch für deutsche Makler empfehlenswert,“ rät der Profi.
Einen Vermögensschadenhaftpflichtversicherung ist auch für deutsche Makler empfehlenswert. Wie Sie sich absichern, lesen Sie hier.
In Schweden gilt ebenfalls das Bestellerprinzip. Die üblichen Provisionen liegen deutlich unter den deutschen – zwischen 1,5 und 4,5 Prozent. Auf dem schwedischen Immobilienmarkt ist es üblich, dass Makler exklusiv beauftragt und Objekte exklusiv angeboten werden. Hochpreisige Luxusimmobilien sind daher begehrt. „Wer langfristig tätig sein will, sollte sich in seinem Tätigkeitsfeld jedoch breit aufstellen und den Markt genau kennen,“ rät Immobilienmaklerin Inga M. Gauter von Inga Nord.
Der Maklerberuf ist auch in Schweden fest geregelt. „Der schwedische Makler hat einen Hochschulabschluss mit ökonomischem und juristischem Schwerpunkt. Außerdem hat er Kenntnisse in Steuerrecht, Bautechnik und Bewertung,“ weiß Gauter. Darüber hinaus sind Makler in einer staatlichen Aufsichtsbehörde registriert. „Diese Behörde bewilligt und überwacht die Tätigkeit des ausgebildeten Maklers,“ ergänzt Gauter.
Durch die Exklusivobjekte und die Qualifikationen, die schwedische Makler mitbringen, ist der Konkurrenzkampf und Druck auf Makler nicht so groß, wie in Deutschland. „Deutsche Makler könnten sich mit Zusatzqualifikationen von ihrer Konkurrenz abheben und Kunden ihre Kompetenz zum Beispiel mit freiwilligen Zertifikaten nachweisen,“ schlägt die Maklerin vor.
Die neue geteilte Maklercourtage bedeutet für alle Beteiligten, vor allem für die Makler selbst, eine große Umstellung. Der Blick ins Ausland, wo die Provisionssätze meist niedriger sind als in Deutschland, zeigt, dass diejenigen, die gute Arbeit leisten und Know-how mitbringen nicht viel zu befürchten haben. Makler sollten ihre Qualitäten herausstellen, mit Spezialisierung, Zusatzqualifikationen und umfassender Betreuung zufriedene Kunden hinterlassen.
Regine Curth23.12.2020