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Seniorenapartments, Luxusimmobilien oder denkmalgeschützte Häuser: Makler, die sich spezialisieren, können mehrfach profitieren – wenn sie einige Punkte beachten. Denn der Erfolg hängt auch davon ab, wie gut sie den Markt kennen.
Als ihre Großtante aufgrund ihres Alters nicht mehr alleine wohnen konnte, war die Idee geboren: Immobilienvermittlung für Senioren. Damit begann für Gabriele Kreutzmann die eigentliche Arbeit, denn mit der bloßen Eingrenzung der Zielgruppe war es nicht getan. Viele Faktoren spielen dabei eine Rolle: Wer sich als Immobilienmakler erfolgreich auf ein bestimmtes Gebiet oder eine Zielgruppe spezialisieren möchte, sollte dabei einige Punkte beachten.
Die Zahl der Senioren steigt – und mit ihnen der Bedarf nach altersgerechten Wohnungen. Makler, die sich auf diese Zielgruppe spezialisieren, sollten dabei bestimmte Punkte beachten: https://ratgeber.immowelt.de/a/die-zielgruppe-im-blick-immobilienvermittlung-fuer-senioren.html
„Bevor ein Makler sich spezialisiert, muss er den Markt analysieren und richtig sondieren“, erläutert Andreas Hubert, Vize-Präsident des Immobilienverbandes IVD. So wie Gabriele Kreutzmann, die sich intensiv mit der Zielgruppe der Senioren auseinandergesetzt hat. Die Immobilienmaklerin aus Meppen recherchierte, ob es in der näheren Umgebung bereits Makler mit dieser Spezialisierung gab – gab es nicht. Um sich mit erfahrenen Kollegen mit der gleichen Spezialisierung auszutauschen, trat sie in Kontakt mit Immobilienmaklern aus anderen Bundesländern. Eine Vorab-Umfrage, ob überhaupt der Bedarf für ihr Angebot besteht, hat Kreutzmann nicht durchgeführt – schließlich kennt sie ihre Umgebung: „Viele ältere Menschen im Emsland besitzen ein Haus. Wenn die Kinder aus dem Haus sind, möchten sich viele räumlich verkleinern.“ Mit Blick auf den demographischen Wandel fügt sie hinzu: „Diese Zielgruppe bietet den Vorteil des steten Wachstums.“ Gleichzeitig wächst aber auch die Nachfrage der jüngeren Generation nach Wohnraum – weshalb die Immobilienmaklerin ihr Angebot ausgedehnt hat. Schließlich würde sie sich sonst selbst beschränken, wie sie erklärt. So kann sie die entstehenden Synergie-Effekte aus Verkauf und Kauf bestmöglich für sich nutzen.
„Langfristig können sich Spezialisierungen dort lohnen, wo wenig oder keine Konkurrenz besteht.“
Andreas Hubert, Vize-Präsident des Immobilienverbandes IVD
Anders als Gabriele Kreutzmann, die sich systematisch ihrer Zielgruppe genähert hat, erlebt Michael Rosenbauer in seiner Tätigkeit als Coach viele Immobilienmakler, die sich eher blauäugig auf eine Zielgruppe stürzen. Der Makler und Marketing-Experte hält Spezialisierungen für sehr wichtig und ist manchmal erstaunt, wie wenig Makler von ihren potenziellen Kunden wissen. Infolgedessen ist auch ein zielgerichtetes Marketing nicht möglich: „Viele Makler definieren beispielsweise ihre Gebiete viel zu groß, überschätzen sich dabei völlig und irgendwann geht ihnen dann der Atem aus.“ Rosenbauer kritisiert, dass sich viele Makler nicht direkt mit ihrem Gebiet auseinandersetzen. Damit meint er auch, dass sie durch ihre „Farm“ gehen sollten, um sich unmittelbar über die Bewegungen darin zu informieren. Denn hier zeigt sich am schnellsten, ob ein Objekt zur Vermietung oder Verkauf steht: Keine Vorhänge an den Fenstern oder Handwerker vor der Türe? Manche Zeichen sind untrüglich, so der Immobilienprofi Rosenbauer: „Makler bräuchten hier nur ‚zuzuschlagen‘.“
Wer sich auf ein Gebiet spezialisiert, hat möglicherweise nicht nur einen geringeren organisatorischen Aufwand, sondern auch höhere Gewinnchancen, erklärt Andreas Hubert vom IVD: „Außerdem wird der Makler so als Profi wahrgenommen.“ Profi sein bedeutet aber auch, bestehende Situationen richtig einschätzen zu können und diese für sich zu nutzen. Beispielsweise, wenn die angestrebte Spezialisierung bereits von einem anderen Makler erfolgreich umgesetzt wird.
Beherrscht bereits ein Platzhirsch den anvisierten Marktbereich, hat der Makler zwei Möglichkeiten: ein sehr gut platziertes Marketing und eine gezielte Budgetplanung, um an dem Marktführer vorbeizukommen. Sieht der Makler hier keine Möglichkeiten, sollte er sich umorientieren.
Hat der Makler seine Zielgruppen definiert, muss er sie gezielt ansprechen – nicht sie ihn. Als Quereinsteigerin hatte Gabriele Kreutzmann anfangs kein Netzwerk, das sie unterstützen hätte können. Deshalb nahm sie Kontakt zu Architekten, Bauträgern, Hausverwaltungen und Handwerkern auf. Zusätzlich hat sie bei Ärzten oder Apothekern Flyer ausgelegt. Alles Orte, an denen Senioren öfter anzutreffen sind . Zu Beginn war sie sich nicht sicher, ob und wie die Senioren ihre Homepage nutzen, aber sie hat schnell festgestellt, dass sie sich diesbezüglich getäuscht hatte. Ab und zu schaltet sie dennoch eine Anzeige in der Zeitung – um auch die zu erreichen, die kein Internet haben. Off- und online präsent zu sein, das empfiehlt auch Michael Rosenbauer. Er spricht von einer Multipräsenz an den richtigen Stellen. Um diese richtigen Stellen herauszufinden, sollte der Makler auswerten, woher seine Aufträge bisher stammten. Erst nach dieser Analyse macht es Sinn, sich zu präsentieren. Für ihn gehört dazu auch, ein Immobilienbüro zu haben. Dabei geht es vor allem anfangs nicht darum, dass das Büro in Bestlage liegt, sondern darum, gesehen zu werden: „Ein guter Auftritt bedeutet nicht, von zu Hause aus mit Flyern zu arbeiten“, erklärt der Marketing-Experte. Um sichtbar zu werden, sollte man auffallen – beispielsweise durch knallige Farben oder einem knackigen Slogan. Klar sollte dabei aber sein, dass ein auffälliger und guter Auftritt keine fachlichen Kompetenzen ersetzen kann.
“Makler sollten ihre Spezialisierungen leidenschaftlich betreiben und überzeugend vermitteln können. Bei zukunftsträchtigen Themen sollten sie frühzeitig einsteigen.“
Andreas Hubert, Vize-Präsident des Immobilienverbandes IVD
Heute Luxusimmobilie, morgen Altbauten und übermorgen unbebaute Grundstücke: Wer sich spezialisieren möchte, sollte sich nicht auf alles fokussieren oder von Gebiet zu Gebiet springen: „Sprunghaftigkeit ist bei einer Spezialisierung von Nachteil“, sagt Andreas Hubert vom IVD. Auch wer sich keine Marktnische sucht und seine Alleinstellungsmerkmale herausarbeitet, wird es schwer haben, sich auf dem Markt durchzusetzen. Denn dort wo sich bereits andere Makler erfolgreich etabliert haben, müssen das eigene Konzept und der Auftritt überzeugen, der Atem lang und das Budget groß sein. Aber auch wenn in einem Ort die Umzugsrate niedrig ist, kann es sein, dass sich der Erfolg nicht einstellt: „Im ländlichen Bereich ist oft der Umschlag nicht sonderlich hoch. Makler sollten vorab recherchieren, wie hoch die Umzugshäufigkeit in manchen Gebieten ist“, erläutert Michael Rosenbauer.
Auch wer bezüglich der Zielgruppe klar recherchiert, geforscht, verglichen und sich informiert hat, sollte weiter langfristig denken. Gabriele Kreutzmann hat ihr Angebot ausgeweitet und bietet nun unter anderem auch Gewerbe- und Neubauprojekte an. Auf den ersten Blick ist dies aber nicht ersichtlich, da sich ihre Homepage wohnen-66plus.de explizit auf Senioren bezieht: „Viele Kunden sind wegen des Namens irritiert und fragen mich, ob ich auch andere Objekte anbiete.“ Daher plant sie aktuell einen allgemeineren Auftritt.
Spezialisiert, aber flexibel – so sollten Makler ihren Aufgabenbereich sehen. Wer genügend Ausdauer, finanzielle Rückstellungen und Flexibilität mitbringt, kann als Spezialist sehr erfolgreich sein. Wichtig ist es allerdings, auf Marktveränderungen schnell reagieren zu können. Dabei sollten Makler nicht vergessen, dass sie ein hohes Risiko eingehen, wenn sie sich nur von einer begrenzten Anzahl von Kunden abhängig machen. Auf der anderen Seite wächst der Qualitätsanspruch mit der Konzentration auf eine bestimmte oder wenige ausgewählte Zielgruppen. Letztlich bleibt es eine individuelle Entscheidung des Maklers, wem er was verkaufen oder zur Miete anbieten möchte.
Evelyn Eberl16.12.2016Die immowelt Redaktion verfügt über ein breites Immobilienwissen und bietet den Lesern sorgfältig recherchierte Informationen in hilfreichen Ratgebertexten. Der Anspruch der immowelt Experten ist es, komplexe Sachverhalte möglichst einfach wiederzugeben. Sämtliche Inhalte werden regelmäßig überprüft und verlässlich aktualisiert. Die immowelt Redaktion kann und darf keine rechtsgültige Beratung leisten. Für rechtsverbindliche Auskünfte empfehlen wir stets den Rat eines Fachanwalts, Eigentümer- oder Mieterverbands einzuholen.