Die Energiekrise und die damit einhergehenden rasant steigenden Kosten sorgen derzeit für viel Unmut. Mit Gaspreisbremse und Entlastungspaketen will die Regierung gegensteuern. Ein Überblick über anfallende Kosten und geplante Entlastungen für Mieter, Vermieter und Eigentümer.
Auf den Verbraucher kommen finanziell herausfordernde Zeiten zu. Die Strom-, Gas- und Ölpreise steigen zurzeit rasant an und für Experten ist ein Ende noch nicht in Sicht. So sagte beispielsweise Thomas Engelke vom Verbraucherzentrale-Bundesverband gegenüber dem MDR hinsichtlich der Stromkosten: „Im Schnitt lagen die Strompreise im letzten Jahr bei 31 Cent pro Kilowattstunde, im Juli schon bei 37 Cent. Bei Neuverträgen werden durchaus auch 40-50 Cent aufgerufen.“ Auch Öl und Gas werden immer teurer.
Neben steigenden Energiepreisen müssen Verbraucher auch zusätzliche Kosten, wie die CO2-Abgabe zahlen. Zudem stehen Heizsysteme mit fossilen Brennstoffen mehr denn je auf dem Prüfstand.
Seit 2021 müssen Verbraucher, die mit Öl oder Gas heizen, eine CO2-Abgabe zahlen. Grundlage dafür bildet das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG). Zurzeit beträgt die Abgabe 30 Euro je Tonne CO2. Das entspricht 9,5 Cent je Liter Heizöl beziehungsweise 0,7 Cent je Kilowattstunde Erdgas. Über die nächsten Jahre wird der Preis stufenweise auf 55 Euro je Tonne CO2 erhöht.
Ab 2023 müssen Mieter die Abgabe nicht mehr allein zahlen. Vermieter müssen sich dann anteilig an den Kosten beteiligen. Je nach Energiebilanz des Gebäudes werden die Kosten dann zwischen Mietern und Vermietern aufgeteilt.
Viele blicken der diesjährigen Heizperiode mit Sorge entgegen und fragen sich, wie sie sich die Energiekosten leisten können. Der englische Ausspruch „eat or heat“ – also essen oder heizen – droht auch in Deutschland für einige Menschen bittere Realität zu werden. Die Bundesregierung versucht dem mit verschiedenen Maßnahmen entgegenzuwirken:
Nach langem Hin und Her hat sich die Ampelkoalition Ende September 2022 gegen die umstrittene Gasumlage entschieden und die Gaspreisanpassungsverordnung zurückgenommen. Stattdessen hat die Bundesregierung ein neues Gesamtkonzept erarbeitet: Es wird ein Abwehrschirm in Höhe von 200 Milliarden Euro gespannt. Damit soll unter anderem eine Gaspreisbremse und eine Einmalzahlung an den Verbraucher finanziert werden.
Nach dem Bundestag hat auch der Bundesrat folgender Regelung zugestimmt, welche mit der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt sofort in Kraft tritt:
Voraussetzung für die Soforthilfe im Dezember ist, dass die Abschlagszahlungen über ein sogenanntes Standardlastprofil abgerechnet werden und der Jahresverbrauch nicht über 1.500 Megawattstunden Gas liegt.
Verbraucher, die die Bedingungen erfüllen, müssen ihre Abschläge im Dezember nicht zahlen. Andernfalls muss der Lieferant den Dezemberabschlag bei der Jahresabrechnung berücksichtigen.
Mieter bekommen die Entlastung mit der Betriebskostenabrechnung für 2022. Ausnahme: Mieter, deren Vorauszahlung in den vergangenen neun Monaten bereits erhöht wurde oder die im selben Zeitraum erstmals einen Mietvertrag mit bereits erhöhter Nebenkostenvorauszahlung unterschrieben haben. Sie erhalten entweder einen Teil der Vorauszahlung für Dezember zurück oder eine Gutschrift auf die Betriebskostenabrechnung 2022.
Hier kannst du prüfen, ob deine Betriebskostenabrechnung korrekt ist.
Um den Anreiz zum Sparen aufrecht zu erhalten, zahlen Verbraucher erstmal den meist höheren Preis ihres Gas- oder Fernwärmeanbieters. Im Nachgang subventioniert der Staat mit der Gaspreisbremse 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs. Es ergibt sich ein Preis von 12 Cent pro Kilowattstunde Gas und 9,5 Cent pro Kilowattstunde Fernwärme.
Angenommen wird eine Wohnung mit 100 Quadratmetern. Das darin wohnende Paar hat einen Vorjahres-Jahresverbrauch von 12.000 kWh. Im folgenden Jahr haben sie einen Verbrauch von 10.000 kWh. Der Marktpreis liegt im Schnitt bei 22,4 Cent je kWh.
12.000 kWh * 0,8 = 9.600 kWh
9.600 kWh * 0,12 € = 1.152 €
10.000 kWh – 9.600 kWh = 400 kWh
400 kWh * 0,224 € = 89,60 €
1.152 € + 89,60 € = 1.241,60 €
Ohne die Gaspreisbremse müsste das Paar 2.240 Euro zahlen, mit der Preisdeckelung nur 1.241, 60 Euro. Sie sparen also fast 1.000 Euro ein.
Da auch die Ölpreise stark gestiegen sind, werden auch Rufe nach einer Ölpreisdeckelung laut.
Da auch die Preise für Brennstoffe wie Heizöl, Pellets, Kohle und Flüssiggas stark gestiegen sind, sollen nun auch Verbraucher mit solchen Heizungen entlastet werden. Voraussetzung: Die Kosten für die Beschaffung des Heizmaterials haben sich von 2021 auf 2022 mindestens verdoppelt. Der Staat übernimmt 80 Prozent des Betrags über den doppelten Kosten – wenn diese bei mindestens 100 Euro liegen. In diesem Fall sieht ein Eckpunktepapier der Ampelkoalition rückwirkend bis zu 2.000 Euro vor.
Vermieter können eine Erklärung abgeben und die Hilfen an ihre Mieter weitergeben. Antragstellung und die Bearbeitung soll Ländersache sein – die Details werden aktuell geklärt.
Ursprünglich war geplant, dass ab 1. Oktober 2022 Nutzer von Erdgas eine Gasumlage zahlen müssen. Mit dieser sollten in Not geratene Energieanbieter finanziell unterstützt werden, um diese vor Insolvenzen zu schützen und um die Versorgungssicherheit aufrechtzuerhalten. Die finanzielle Belastung entsteht vor allem daraus, dass Gaslieferungen aus Russland ausbleiben – durch die Lecks in den Nord-Stream-Pipelines gibt es an der Stelle einen definitiven Lieferstopp – und die Anbieter nun kurzfristig unter hohen Kosten Ersatz beschaffen müssen.
Um gegen die hohen Gaspreise vorzugehen, welche mit der Gasumlage ja nochmals teurer geworden wären, hatte die Bundesregierung die Senkung der Mehrwertsteuer auf Gas von ursprünglich 19 auf 7 Prozent beschlossen. Auch wenn die Gasumlage nun nicht kommt, an der Mehrwertsteuersenkung hält die Regierung fest.
Da nicht nur die Gaspreise enorm steigen, hat das Kabinett am 2. November 2022 auch eine Strompreisbremse ab 2023 beschlossen. Auf Basis des Vorjahresverbrauchs gilt in diesem Jahr für 80 Prozent des Verbrauchs ein gedeckelter Preis von 40 Cent pro Kilowattstunde. Alles darüber läuft über den Marktpreis. Das gilt für private Verbraucher sowie kleine und mittlere Unternehmen.
Bisher wurden drei Entlastungspakete auf den Weg gebracht. Allein das dritte kostet rund 65 Milliarden Euro, alle drei zusammen belaufen sich auf etwa 95 Milliarden Euro. Noch ist jedoch nicht genau geklärt, woher das Geld kommen soll. Der Bund will, dass sich die Länder beteiligen. Auch ist immer wieder eine Übergewinnsteuer Teil der Diskussion. Diese wird aber bisher von der Regierung abgelehnt.
Entlastet werden sollen alle Bürger mit geringem Einkommen, die arbeitende Mitte aber auch Unternehmen.
Einige der geplanten Entlastungsmaßnahmen sollen auch bereits mit dem Jahressteuergesetz 2022 verabschiedet werden, dessen Regierungsentwurf vom Bundeskabinett beschlossen wurde. Nun muss es noch den Bundestag und den Bundesrat passieren.
Diese Punkte aus den Entlastungspaketen entlasten Mieter und Eigentümer:
Die Regierung arbeitet weiter an Entlastungen für die Bürger. So hat das Kabinett am 14. September 2022 einen Regierungsentwurf zum Jahressteuergesetz 2022 beschlossen, in dem unter anderem folgende Punkte enthalten sind:
Neben den Entlastungen sind auch Mieter und Eigentümer selbst gefragt, sparsamer mit Energie umzugehen. Hier findest du Tipps, wie du Kosten sparen kannst oder wie du an passende staatliche Hilfen kommst:
Die Bundesregierung sorgt jedoch nicht nur für Entlastung, sie nimmt auch Eigentümer und Vermieter in die Pflicht, sich am Energiesparen zu beteiligen:
Zum 1. Oktober 2022 tritt ein Regierungsverordnung in Kraft, deren Ziel es ist, unnötigen Energieverbrauch zu vermeiden und dadurch eine Mangelsituation zu verhindern oder zumindest abzuschwächen. Durch die Verordnung sind Gebäudeeigentümer verpflichtet innerhalb der kommenden zwei Jahre Maßnahmen zur Verbesserung erdgasbetriebener Heizungsanlagen zu treffen. Dazu gehören:
Unabhängig davon gelten bereits folgende gesetzliche Regelungen:
Verbraucher sollen künftig schneller informiert werden, wie sehr die Gaspreise steigen. Es wird davon ausgegangen, dass Verbraucher beim Heizen mehr sparen, wenn sie wissen, wie teuer es gerade ist. Wie die Information zum Verbraucher gelangen soll, darüber gibt es bisher noch keine Informationen von der Bundesregierung. Gelten soll die Regelung ab dem 1. September für zunächst sechs Monate.
Wer zu Hause über ein privates Schwimm- oder Badebecken verfügt, darf diese seit 1. September 2022 bis zum 28. Februar 2023 nicht mehr energieintensiv beheizen. Gemeint ist damit die Beheizung mit Gas oder Strom aus dem Stromnetz. Selbsterzeugter Strom beziehungsweise Wärme aus Ölheizungen, Pelletheizungen oder Wärmepumpen darf weiterhin genutzt werden. Das Verbot umfasst Innen- wie Außenbecken und auch Whirlpools und Swim Spas.
Ausgenommen vom Heizverbot sind jene Becken, die für eine therapeutische Anwendung benötigt werden.
Die Energiekrise geht den Deutschen ans Geld, da kochen Gemüter schnell hoch. Auch zwischen Mietern und Vermietern gibt es einiges Streitpotenzial. Das sind die häufigsten Fragen:
Im Juli hatte eine Wohnungsgenossenschaft in Sachsen ihren Mietern zu bestimmten Zeiten das Warmwasser abgedreht. Nach eigener Aussage, um ihre Mieter vor hohen Rechnungen zu schützen. Doch durfte sie das? Nein. Vermieter müssen ihre Mieter durchgängig mit Warmwasser versorgen. Dies gehört zum normalen Gebrauch der Mietsache.
Drosselt der Vermieter das Warmwasser, kann dies einen Mangel darstellen, der unter Umständen eine Mietminderung möglich macht.
In der Heizperiode, welche vom 1. Oktober bis zum 30. April geht, darf die Heizung nicht abgestellt werden. In den Nachtstunden zwischen 23 und 6 Uhr darf der Vermieter die Mindesttemperatur jedoch auf 18 Grad Celsius drosseln. Manche gehen sogar von 16 Grad Celsius aus. Die nächtliche Mindesttemperatur ist umstritten und ein höchstrichterliches Urteil gibt es bisher nicht.
Es ist möglich mit den Mietern eine gesonderte Vereinbarung zu treffen. Um späteren Streit zu vermeiden, sollte dies schriftlich festgehalten werden.
Funktioniert die Heizung nicht oder nicht ausreichend, stellt dies einen Mangel dar, der unter Umständen auch eine Mietminderung ermöglicht.
Manche Mietverträge enthalten eine Vereinbarung über eine Mindesttemperatur. Diese darf seit 1. September für ein vorerst ein halbes Jahr von Mietern unterschritten werden, insofern die Wohnung noch ausreichend vor Schäden, wie beispielsweise Schimmelbildung oder gar einfrierende Leitungen, geschützt wird.
Gefordert wurde unter anderem auch die Herabsetzung der durch die Rechtsprechung festgelegten Mindesttemperatur in Wohnungen. In der Heizperiode gibt es die Vorgabe, dass Vermieter die Heizungsanlage so einstellen müssen, dass eine Mindesttemperatur von 20 Grad Celsius in den Wohnungen erreicht wird. Dies wurde jedoch vom Gesetzgeber abgelehnt, unter anderem mit dem Hinweis, dass dies gesundheitsgefährdend sein kann und gebäudetechnisch zu kurz gedacht sei.
Die Betriebskostenvorauszahlung kann erhöht werden, jedoch nur unter Beachtung der gesetzlichen Voraussetzungen. So darf eine Erhöhung nur im Zusammenhang mit einer Betriebskostenabrechnung erfolgen. Zudem muss sich die Höhe der Anpassung an der Nachforderung vom vorherigen Abrechnungszeitraum orientieren.
Anders ist die Rechtslage, wenn Vermieter und Mieter gemeinsam eine Anpassung vereinbaren, um den steigenden Betriebskosten vorzubeugen.
Im Gegensatz zur Vorauszahlung kann die Betriebskostenpauschale jederzeit erhöht werden. Allerdings nur, wenn dies im Mietvertrag vereinbart worden ist.
Die Betriebskosten steigen aufgrund der Energiekrise zurzeit enorm an. Wenn der Vermieter die Vorauszahlung wirksam erhöht hat, muss der Mieter diese auch zahlen. Kann er es nicht oder weigert sich, so gerät er in Zahlungsverzug. Das kann schlimmstenfalls in einer fristlosen Kündigung enden.
Einen gesonderten Kündigungsschutz – wie es ihn zu Beginn der Coronapandemie gab – gibt es bisher noch nicht. Er wird aber von einigen Verbänden, wie dem Deutschen Mieterverein, und auch Politikern gefordert. Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) hat bereits auch ohne gesetzliche Verpflichtung einen Kündigungsschutz zugesagt. Der GdW vertritt rund 3.000 Wohnungsunternehmen in Deutschland. Kritische Stimmen gegen den Kündigungsschutz gibt es beispielsweise vom Verband Haus&Grund, die auch Vermieter geschützt wissen wollen.
Gerät ein Mieter aufgrund der hohen Energiekosten in finanzielle Schieflage, sollte er mit dem Vermieter ein Gespräch suchen, insbesondere, wenn der Engpass nur vorübergehend sein sollte. Außerdem sollten alle Möglichkeiten von staatlichen Zuschüssen geprüft werden, wie beispielsweise Wohngeld.
Nein, nur weil die Inflation steigt, darf die Miete nicht erhöht werden. Vermieter müssen sich weiterhin an die gesetzlichen Vorgaben halten:
Auch wenn die Inflation kein eigenständiger Grund für eine Mieterhöhung sind, so wird sie der Anreiz für Vermieter sein, ihre Mieterhöhungspotenziale vollständig auszuschöpfen. Wer also die Miete erhöhen will und darf, wird dies wahrscheinlich tun und die höchstmögliche Erhöhung wählen.
Achtung! Wurde ein Indexmietvertrag geschlossen, so wird über kurz oder lang eine Mieterhöhung anstehen. Denn hierbei orientiert sich die Mieterhöhung nicht an den Vergleichsmieten, sondern am Verbraucherindex – also bestimmt die Inflation die Miethöhe. Doch auch hierbei muss der Vermieter darauf achten, dass es nicht zum Mietwucher wird.
Die Energiepreise stiegen seit 2020 stetig an, Ende 2021 sind sie regelrecht explodiert. Das hat verschiedene Gründe. Zum einen lief nach den pandemiebedingten Einschränkungen die Industrieproduktion wieder an, womit auch die Energie-Nachfrage wieder zugenommen hat. Ist die Nachfrage geringer als das Angebot, steigen die Einkaufspreise. Das macht sich auch auf dem Weltmarkt bemerkbar: Die Energieeinfuhren waren im Juni 2022 136 Prozent teurer als im Juni 2021. Die enorme Steigerung liegt vor allem an den Preiserhöhungen bei importiertem Erdgas.
Hierbei spielt der russische Angriffskrieg auf die Ukraine die Hauptrolle. Denn im Zuge dessen wird Gas zum Druckmittel gegenüber westlichen Ländern. Werden die Sanktionen nicht gestoppt, kommt auch kein russisches Gas mehr. Das muss nun kurzfristig aus anderen Quellen bezogen werden, entsprechend hoch sind dann die Einfuhrpreise. Denn Unternehmen können auf zwei verschiedenen Märkten Rohstoffe einkaufen: dem Terminmarkt und dem Spotmarkt. Auf dem Terminmarkt werden Rohstoffe schon Monate, teils sogar Jahre im Voraus verkauft. Dementsprechend sicher sind die Preise. Müssen die Anbieter aber kurzfristig einkaufen, muss zurzeit bis zum Fünffachen des Vorjahres bezahlen.
Hinzu kommen dann neue Abgaben, wie die CO2-Steuer oder die Gasumlage, die die Energiekosten für Verbraucher nochmals verteuern.
Caroline Schiko15.11.2022