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Immobilienbesitzer sollten nicht nur zu Lebzeiten für alle Eventualitäten gerüstet sein, sondern sich darüber hinaus auch mit der Frage beschäftigen, was mit ihrem Haus nach dem Tod passieren soll: Eine Möglichkeit ist ein Erbvertrag. Was Erblasser beachten und womit sich Erben auseinandersetzen müssen.
Ein Erbvertrag ist ein notariell beglaubigter Vertrag zwischen dem Erblasser und dem Erben. Inhaltlich kann ein solcher Vertrag relativ frei gestaltet werden. „Wichtig ist, dass die Erben beziehungsweise Vermächtnisnehmer genau bezeichnet werden“, erklärt Markus Sebastian Rainer, Fachanwalt für Erbrecht und Testamentsvollstrecker . Der Erbvertrag ist in Paragraf 1941 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geregelt.
Bei einem Erbvertrag müssen, anders als beim Testament, beide Parteien – Erblasser und Erbe – zustimmen. Bezüglich der Inhalte eines Erbvertrags gibt es keine Vorgaben: „Es gibt keine zwingenden Mindestinhalte“, sagt Markus Sebastian Rainer. Es könne die komplette Erbfolge geregelt werden, aber auch nur Teilaspekte – wie die Anordnung einer Testamentsvollstreckung. Zusätzlich kann der Erblasser verfügen, dass das Erbe an eine Bedingung geknüpft ist: Zum Beispiel, dass sich der Sohn verpflichtet, in der Firma zu arbeiten, die ihm der Vater vererbt. Vor allem nichtverheiratete Paare sollten einen Erbvertrag aufsetzen, damit sie sich gegenseitig als Erben einsetzen können.
„Wer erbt, erhält einen Bruchteil vom oder das gesamte Vermögen. Der Vermächtnisnehmende bekommt hingegen nur einen bestimmten Gegenstand“, erklärt Rechtsanwalt Rainer. „Ein Testament oder Erbvertrag, in dem niedergeschrieben ist, dass der Sohn das Haus erbt, ist sehr streitanfällig“, so Rainer weiter. Schließlich sei in diesem Fall nicht geregelt, wer die übrigen Vermögensgegenstände erhält. Daher sollten in der Nachlassregelung Erben genannt werden und dies gegebenenfalls mit Vermächtnissen kombiniert werden.
Zwar sind Erblasser und künftiger Erbe relativ frei, wie sie den Erbvertrag gestalten. Es sollten jedoch einige wichtige Dinge im Erbvertrag stehen, damit es später nicht zu Streit kommt. Dazu gehören zum Beispiel:
Ein Erbvertrag kann von einer, aber auch von mehreren Personen initiiert werden:
Zweiseitige Erbverträge können sinnvoll sein, wenn sich Ehepartner gegenseitig als Erben bindend einsetzen wollen.
Beim Erbvertrag sind nur die vertragsmäßigen Verfügungen (§2278 BGB) bindend: Diese können nur Erbeinsetzungen, Vermächtnisse oder Auflagen sein. Diese bindenden Verfügungen sind nicht widerrufbar. Da im Erbvertrag beide Arten möglich sind, sollte festgehalten werden, welche Verfügung bindend beziehungsweise nicht-bindend und somit widerrufbar ist.
Rechtsanwalt Rainer beschreibt mit folgendem Vertragstext, wie Erblasser bindende und nicht-bindende Verfügungen formulieren könnten:
„Wir, die Ehegatten Müller, setzen uns gegenseitig zu Alleinerben ein. Schlusserben nach dem Tod des Letztversterbenden von uns werden unsere beiden Kinder je zur Hälfte. Nach dem Tod des Erstversterbenden erhalten unsere Enkelkinder darüber hinaus jeweils ein Vermächtnis in Höhe von 10.000 €. Sämtliche Verfügungen in diesem Erbvertrag sind bindend, mit Ausnahme der Vermächtnisse. Diese sind nur einseitig angeordnet."
Bei diesem Erbvertrag könne der überlebende Ehegatte die Erbeinsetzung der gemeinsamen Kinder nach dem Tod des zuerst verstorbenen Ehegatten zwar nicht mehr aufheben, die Vermächtnisse zu Gunsten der Enkelkinder ganz oder teilweise aber schon, weil diese in nicht bindender Weise angeordnet worden sind, beschreibt der Anwalt.
Wird im Erbvertrag auch die Erbfolge für ein Haus geregelt, sollten sich Erblasser und Erbe auch Gedanken um den Wert der Immobilie machen, da bei Überschreiten eines bestimmten Freibetrags Erbschaftssteuer fällig wird. Ab 2023 ist dabei mit einer höheren Steuer zu rechnen, da bei der Wertermittlung künftig der tatsächliche Verkehrswert zur Anwendung kommt. Zudem kann der Immobilienwert auch Auswirkungen auf den Pflichtteil anderer Erben haben.
Eine Aufhebung des Erbvertrags ist nur möglich, wenn alle beteiligten Parteien dies übereinstimmend beschließen (§ 2290 BGB). Sofern die einzigen Parteien des Vertrags zwei Eheleute sind, können sie den Erbvertrag auch durch ein gemeinschaftliches Testament ersetzen.
Bei einer Aufhebung ist eine notarielle Beurkundung verpflichtend. Nach dem Tod des oder der Erblasser können die gesetzlichen Erben oder ein Pflichtteilsberechtigter den Erbvertrag anfechten oder von diesem zurücktreten.
Ein Rücktritt vom Erbvertrag ist nur möglich, wenn ein Widerrufs- oder Rücktrittsrecht vereinbart wurde (§ 2293 BGB) oder wenn schwerwiegende Gründe dazu führen, dass der Begünstigte erbunwürdig ist. Wie beim Erb- und Aufhebungsvertrag muss auch die Erklärung des Rücktritts notariell beglaubigt werden.
Um vom Erbvertrag zurücktreten zu können, müssen drastische Gründe vorliegen. Dies ist unter anderem der Fall, wenn der Vertragserbe:
In bestimmten Fällen ist ein Erbvertrag anfechtbar:
Erklärungsirrtum: macht der Erblasser einen inhaltlichen Fehler, kann er den Vertrag anfechten. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn er aus Versehen 100.000 Euro statt 10.000 Euro vererbt.
Inhaltsirrtum: Hierbei ist sich der Erblasser der rechtlichen Bedeutung seiner Erklärung nicht bewusst.
Motivirrtum: Ist ein begünstigter mutmaßlich „guter Freund“ des Erblassers der Geliebte dessen Frau, so kann ein Motivirrtum vorliegen.
Haben der Erbe oder die Erben den Erblasser arglistig getäuscht, damit dieser den Erbvertrag aufsetzt, fällt dies in der Regel unter Erklärung-, Inhalts- oder Motivirrtum.
Ist der Erbvertrag aufgrund von Drohungen entstanden, sind die Vereinbarungen unwirksam.
Wenn der Erbe beispielsweise die Krankheit des Erblassers ausnutzt, damit dieser den Erbvertrag aufsetzt, fällt dies unter Sittenwidrigkeit und der Vertrag ist anfechtbar.
Die Verfügungen im Erbvertrag können auch angefochten werden, wenn der Erblasser einen Pflichtteilsberechtigten übergangen hat, beispielsweise weil dieser zum Zeitpunkt der Aufsetzung des Erbvertrags noch nicht geboren war oder der Erblasser zu diesem Zeitpunkt von diesem noch nichts wusste.
Ist der Erblasser, der den Erbvertrag anfechten möchte, geschäftsunfähig, muss sein gesetzlicher Betreuer dies übernehmen. Hierfür muss eine Genehmigung des Betreuungsgerichts vorliegen. Die Anfechtungserklärung muss form- und fristgerecht beim zuständigen Nachlassgericht eingereicht werden. Der Erblasser muss innerhalb eines Jahres nach Kenntnisnahme des Anfechtungsgrunds den Erbvertrag anfechten. Die Frist beginnt, wenn der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund erfährt (§2082 BGB). Erst wenn die Anfechtung erfolgreich und der Vertrag somit unwirksam ist, können neue Verfügungen getroffen werden.
Ab dem 16. Lebensjahr kann mithilfe eines Notars ein Testament erstellt werden. Ab 18 Jahren ist das auch ohne Notar möglich. Das Testament muss handschriftlich verfasst werden. Ein am Computer verfasstes Testament mit Unterschrift ist unwirksam, da die Echtheit nicht gesichert ist. Wer aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage ist, das Testament zu schreiben, muss einen Notar aufsuchen. Gibt es kein Testament, gilt die gesetzliche Erbfolge (§ 1924 ff. BGB).
Die gesetzliche Erbfolge regelt, wer das Vermögen eines Verstorbenen erhält, wenn dieser kein Testament oder einen Erbvertrag hinterlassen hat. Die Erbfolge regelt sich nach dem Verwandtschaftsgrad. Ein Erbe erster Ordnung ist beispielsweise der Sohn, Enkel oder Urenkel. Zur zweiten Ordnung gehören die Eltern, die Geschwister oder die Nichte des Erblassers.
Ein Testament muss gewisse Elemente enthalten. Dazu zählen:
Der Erblasser kann im Testament auch Auflagen stellen, indem er beispielsweise seinen Alleinerben dazu verpflichtet, das Grab zu pflegen. Diese Auflage hat verpflichtenden Charakter, weshalb das Erbe bei Nichterfüllung an einen anderen Erben übergehen kann: Kümmert sich der Alleinerbe nicht um den Hund, soll das Tierheim erben und sich um das Tier kümmern. Generell sind dem Erblasser bezüglich seiner Auflagen keine Grenzen gesetzt - solange diese nicht sittenwidrig, verboten oder unmöglich sind.
Während der Erblasser auch wohltätige Vereine oder Stiftungen im Testament berücksichtigen kann, ist es nicht möglich, ein Haustier als Erben einzusetzen. Allerdings kann ein Erbe eingesetzt werden, der sich um das Tier kümmern soll.
Zumindest eine Person sollte wissen, wo das Testament aufbewahrt wird. Wer auf Nummer Sicher gehen möchte, hinterlegt seinen letzten Willen gegen eine vermögensabhängige Gebühr beim Nachlass- oder Amtsgericht.
Ob ein Testament ausreicht oder ein Erbvertrag aufgesetzt werden sollte, hängt immer vom Einzelfall ab. Im Zweifel sollte man sich von einem Notar beraten lassen. Einerseits bietet ein Erbvertrag viel Rechtssicherheit, da detaillierte Regelungen möglich sind. Andererseits hat er auch Nachteile: Zum einen hohe Kosten für die Beurkundung, die bis zu drei Prozent des Nachlasses ausmachen können, andererseits fehlende Flexibilität, weil der Vertrag einseitig nicht geändert werden kann.
Fest steht, auch wenn die Regelung des Nachlasses immer bedeutet, sich mit dem eigenen Tod auseinandersetzen zu müssen, so hat es viele Vorteile, wenn man bereits zu Lebzeiten den Nachlass regelt. Sind alle Vorkehrungen getroffen, lebt es sich um einiges entspannter.
Frank Kemter12qwaszx am 11.04.2024 21:59
Ich bin kein deutscher Vermieter. Kann ich diesen Erbvertrag abschließen?
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