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Unter Nachbarn gibt es oft Streit um die Grenzbepflanzung. Welche Grenzabstände eingehalten werden müssen, wann dem Nachbarn Laubrente zusteht und wer für das Fallobst zuständig ist – ein Überblick.
Nicht selten kommt es unter Nachbarn zum Streit um den Garten: „Hierbei geht es in der Regel um den Mindestabstand der Hecken oder auch darum, wer den Pflanzenschnitt übernimmt. Auch die Höhe von Grenzhecken oder herabfallende Früchte, Äste oder Laub sind immer wieder Streitpunkte unter Nachbarn“, weiß Rechtsreferentin Julia Wagner vom Eigentümerverband Haus & Grund. Dabei sind die Regeln rund um die Grenzbepflanzung im Nachbarrecht der jeweiligen Bundesländer festgeschrieben – zu finden sind sie meist auf der Webseite der jeweiligen Landesregierung.
Das Nachbarrecht ist in Deutschland Ländersache, weshalb es auch keine einheitlichen bundesweiten Regelungen zur Grenzbepflanzung gibt. Die Regelungen zur Grenzbepflanzung der Bundesländer im Überblick:
Abstand
Abstand
Abstand
Abstand
In Bremen gibt es kein Nachbarschaftsrecht, es gilt das BGB. Indem Fall gelten keine Abstandspflichten für Bäume. Einfriedigungen zwischen Nachbargrundstücken dürfen hinter der vorderen Baulinie oder Baugrenze nicht höher als 2 Meter über der Geländeoberfläche des Nachbargrundstücks sein (§ 9 Einfriedigung der Baugrundstücke).
In Hamburg gibt es kein Nachbarrechtsgesetz, es gilt das BGB. Deshalb darf bis an die Grenze heran gepflanzt werden. Höhenbegrenzungen existieren nicht.
Abstand
In Mecklenburg-Vorpommern gibt es kein Nachbarschaftsrecht, das die Grenzabstände von Bäumen , Sträuchern und Hecken regelt. Hier gilt BGB sowie die jeweilige Baumschutzverordnung, die allerdings auch keine klaren Mindestabstände vorsehen.
Abstände
Für Bäume, Hecken und Sträucher gilt:
Bäume
Ziersträuchern
Obstgehölzen
Rebstöcken
Hecken
Bäume (ausgenommen Obstbäume)
Sträucher
Bäume (ausgenommen Obstbäume)
Sträucher
Abstand
Abstand für:
Bäume, Sträucher und Hecke (Anpflanzungen)
Bäume (ausgenommen Obstbäume)
Sträucher
Gemessen wird der Grenzabstand von dort, wo der grenznächste Pflanzenstamm aus der Erde tritt. Besitzen Pflanzen keine Stämme, sondern wie etwa Himbeeren nur eine Vielzahl von Trieben, kann im Einzelfall auch von der Mitte aus gemessen werden. Der Abstand wird waagerecht und rechtwinklig zur Grenze gemessen.
Generell gelten die Abstandregelungen für Bäume und Sträucher sowie Hecken. Die meisten Gesetzestexte unterscheiden noch zwischen Nutz- und Ziergehölzen.
Als Hecke wird eine Reihe von Bäumen oder Sträuchern bezeichnet, die so dicht gepflanzt sind, dass sie miteinander verwachsen können. Grundsätzlich müssen alle Hecken Grenzabstände einhalten und die Heckenhöhe darf bestimmte Grenzen nicht überschreiten.
Wenn eine Mauer oder eine dichte Einfriedung das Grundstück abgrenzt, kann der Mindestabstand in der Regel ignoriert werden. Allerdings nur dann, wenn die Pflanzen nicht oder nur wenig über die Mauer beziehungsweise Einfriedung hinauswachsen.
Keine Mindestabstandregelungen gibt es für Blumen und Büsche, denen oberirdischer Teil im Herbst abstirbt, beziehungsweise für Büsche, die nicht allzu hoch wachsen.
Werden die vorgeschriebenen Abstände bei der Anpflanzung von Bäumen und Sträuchern in der Nähe der Grundstücksgrenze ignoriert, hat das schon so manchen Nachbarschaftsstreit heraufbeschworen. Leider können sich Nachbarn nicht immer gütlich einigen, weshalb Nachbarschaftsklagen an deutschen Gerichten Alltag sind. Gerichte treffen in der Regel Einzelfallentscheidungen. „Dass die Gerichte uneinheitlich urteilen, liegt maßgeblich daran, dass Nachbarrecht Landesrecht ist und die Bundesländer unterschiedliche Grenzabstände oder zulässige Maximalhöhen vorsehen“, erklärt Julia Wagner von Haus & Grund.
Da der Anspruch auf Beseitigung in den meisten Bundesländern nach einer gewissen Zeit verjährt, sollte man sich mit Beanstandungen nicht zu viel Zeit lassen. Nach Ablauf der Verjährung muss man Baum oder Strauch hinnehmen – es gilt ein Bestandsschutz für die Gehölze. Die Verjährungsfristen variieren zwischen zwei und sechs Jahren.
Ist der Anspruch auf Beseitigung verjährt, bleibt er verjährt. Auch wenn zwischenzeitlich neue Bewohner Nachbarn werden. Wird allerdings ein Wechsel der Bepflanzung vorgenommen, muss der Mindestabstand wieder eingehalten werden.
Oft wird das spätere Größenwachstum eines Baumes, insbesondere die Ausladung seiner Krone, weit unterschätzt. Eventuell kann das zum handfesten Nachbarschaftsstreit führen. Vier der häufigsten Streitpunkte bei der Grenzbepflanzung:
Steht eine Hecke oder ein Baum dichter am Zaun, als es das geltende Landesrecht zulässt, muss der Nachbar nach einer Beanstandung die Bepflanzung entweder zurückschneiden oder auf die richtige Entfernung umpflanzen.
Bäume und Hecken werden oftmals von Grundstücksbesitzern als Sicht- und Lärmschutz gepflanzt. Und im Sommer bieten sie Schatten. Wurde dabei der korrekte Mindestabstand eingehalten, kann ein Nachbar kaum etwas gegen den Schattenwurf tun. Gerichte entschieden mehrfach, dass Schattenwurf hinzunehmen ist (BGH, Az. V ZR 229/14).
Stehen die Pflanzen nach Ablauf der Verjährungsfrist zu nah an der Grundstücksgrenze, besteht nur noch der Anspruch, dass Busch oder Baum auf die für den Abstand geltende Maximalhöhe zurückgestutzt werden muss.
Auch eigene Bäume dürfen aufgrund der Baumschutzsatzungen der Gemeinden oft nicht einfach gefällt werden. Soll ein Baum verschwinden, muss man unter Umständen eine behördliche Genehmigung einholen. Die gibt es aber oft nur in Ausnahmefällen.
Verlangt der Nachbar das Stutzen von Ästen oder Wurzeln, die auf sein Grundstück ragen und die Nutzung seines Grundstücks beeinträchtigen, muss er ihm eine angemessene Frist einräumen (§910 BGB). „Bei der Fristsetzung sind gärtnerische und botanische Belange zu berücksichtigen. Es kann nicht verlangt werden, dass ein Schnitt während der Wachstumsperiode erfolgt“, gibt Rechtsexpertin Julia Wagner zu bedenken.
Erst nach Ablauf der Frist darf der Nachbar dann die beeinträchtigenden Äste und Wurzeln selbst kappen.
Die Standfähigkeit eines Baumes darf durch den Schnitt nicht beeinträchtigen werden. Macht der Nachbar von seinem Selbsthilferecht Gebrauch, so kann er laut eines BGH-Urteils die Kosten für den Rückschnitt vom Besitzer des Nachbargrundstückes zurückfordern (Az.: V ZR 99/03).
Ragen Äste des eigenen Baums auf öffentlichen Grund, so kann die Gemeinde einen Rückschnitt verlangen. Andernfalls drohen empfindliche Strafen, wie ein Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz zeigt: Hier musste ein Grundstückseigentümer 500 Euro Strafe zahlen, weil er der Aufforderung zur Beseitigung der Straßenbaubehörde nicht nachkam und diese dann selbst tätig wurde (Az.: 3K 363/17.MZ.)
Die meisten Gemeinden haben eine Baumschutzverordnung erlassen, die es verbietet, Bäume und Sträucher ab einer bestimmten Höhe zurückzuschneiden oder zu fällen. Wird keine Ausnahmegenehmigung erteilt, dürfen weder Grundstücksbesitzer noch Nachbarn Veränderungen an den Gehölzen vornehmen.
Wächst allerdings ein Straßenbaum, der der Gemeinde gehört, über die eigene Grundstücksgrenze, greift § 1004 des BGB: Sofern die Beeinträchtigung wesentlich ist, kann der Grundstückseigentümer einen Beseitigungs- beziehungsweise Unterlassungsanspruch geltend machen.
Grundstückseigentümer sind dafür verantwortlich, dass niemand etwa durch herabfallende Äste zu Schaden kommt. Eine regelmäßige Sichtprüfung der eigenen Bäume ist deshalb erforderlich.
Laub fällt, wohin der Wind es trägt, manchmal eben auch auf das Nachbarsgrundstück. Gerichte betrachten herbstlichen Laubfall allerdings als Naturereignis. Nachbarn müssen Laub, das von fremden Grundstücken auf ihres weht, in der Regel dulden und selbst entfernen.
Anders verhält es sich, wenn der Laubfall von Nachbars Grundstück ungewöhnlich hoch ist und die Nutzung des Grundstücks unzumutbar stark beeinträchtigt. Dann ist der Eigentümer der Bäume verpflichtet, dem Betroffenen einen jährlichen Geldbetrag in Form einer Laubrente zu zahlen (§ 906 (2), BGB), deren Höhe durch den Reinigungsaufwand ermittelt wird. Meist enden Gerichtsverhandlungen wegen Laubfalls zugunsten des Baumbesitzers.
Die Samen von Gewächsen werden vom Wind durch die Luft unkontrolliert durch die Gegend gepustet und landen schon mal in Nachbars Garten: Doch wie beim Laubfall ist der Samenflug im ortsüblichen Maße ein Naturereignis, das hingenommen werden muss. Ein Beseitigungsanspruch gemäß § 1004 BGB besteht in den wenigsten Fällen.
Pflückt ein Eigentümer seine Obstbäume nicht rechtzeitig, landet das Obst oft in Nachbars Garten. In diesem Fall wechselt das heruntergefallene Obst den Eigentümer (§ 911 BGB). Danach gelten diese Früchte als Früchte dieses Grundstücks. Das Gesetz spricht in diesem Fall von einem Überfall.
Solange Früchte noch am Baum hängen, gehören sie dem Besitzer des Baumes, selbst wenn der Ast die Grundstücksgrenze übertritt. Selbst ernten, ist in diesem Fall nicht erlaubt. Der Nachbar muss dann vorher um Erlaubnis fragen, die eigenen Früchte auf dem Nachbargrundstück zu pflücken, oder er erntet diese mit einem Obstpflücker über den Zaun hinweg.
Kommt es jedoch zu einem Übermaß an Fallobst, kann der Nachbar vom Baumeigentümer die Beseitigung der Früchte verlangen. Handelt der Baumeigentümer nicht, darf der Nachbar das Fallobst aus dem eigenen Garten entfernen lassen und die Kosten hierfür vom Baumeigentümer zurückverlangen. So entschied das Amtsgericht Backnang in Baden-Württemberg, dass auch in ländlichen Gegenden von einem Grundstückseigentümer nicht erwartet werden kann, dass er mehrmals in der Woche mehrere Stunden lang Früchte vom Nachbarsbaum einsammeln muss (Az.: 3 C 35/89).
Wachsen Bäume und Sträucher auf öffentlichem Grund und Boden, gehört das Obst auch der Gemeinde. Allerdings gibt es manche Gemeinden, die ganz froh darüber sind, wenn die Früchte abgeerntet werden. Um Ärger zu vermeiden, einfach vorm Pflücken bei der Gemeinde nachfragen.
Wer seinen Garten bepflanzt, sollte sich vorher ausgiebig mit dem Nachbarrecht seines Bundeslandes befassen. Außerdem ist es ratsam, den Abstand wenn möglich etwas größer zu wählen, um Streitigkeiten aus dem Weg zu gehen.
Steht dann doch mal des Nachbars Gewächs zu nah an der Grenze, sollte dieser erst einmal höflich gebeten werden, den Baum oder Strauch zurückzuschneiden beziehungsweise auf den passenden Abstand zurückzusetzen. Oftmals macht nämlich der Ton die Musik und Nachbarschaftsstreit kann so vermieden werden.
Nicht nur Grundstückseigentümer müssen sich an geltendes Recht halten, wenn sie ihre Außenanlage gestalten. Auch Mieter eines Hauses mit Garten sollten sich im jeweiligen Nachbarschaftsrecht auskennen. Außerdem sollten sie sich mit ihrem Vermieter abstimmen. Lesen Sie, was Mieter in ihrem Garten beachten sollten.
Meier-Heiligenkirchen-NRW am 16.10.2023 10:12
Vielen Dank für diese wichtigen Informationen und Orientierungen. Eine Frage brennt mir noch auf den Nägeln: Ein Nachbargrundstück, das bisher jahrzehntelang keine Wohnbebauung hatte, wird nun mit 2 2-Familienhäusern bebaut. Meine großen alten Lebensbäume stehen ziemlich genau auf der Grenze. Kann der Bauherr verlangen, die Bäume zu entfernen?
auf Kommentar antwortenJulia58 am 25.08.2022 09:17
Die Äpfel vom Nachbargrundstück fallen auf den Zugangsweg zu dem Hammergrundstück hinter unseren Häusern und stellen eine Gefahr des Ausrutschens dar. Der Weg selbst gehört zu unserem Grundststück und die Bewohner des Hammergrundstücks haben das Wegerecht. Nun verlangt die Apfelbaum Besitzerin, dass wir das Obst entfernen und entsorgen. Geht es da nicht nach dem Verursacher Prinzip?
auf Kommentar antwortenEd am 06.05.2021 05:14
Hallo,
Ist es möglich eine Laubrente von der Gemeinde zu fordern,
Wenn kranke Tannen auf Gemeindegrundstück unerträglich viel Nadeln verlieren, so das das ganze Grundstück „versaut“ ist......sie sterben über viele Jahre !,,
auf Kommentar antwortenNini am 25.02.2021 22:46
Hallo, wie ist es wenn der Baum auf der Grenze steht?
auf Kommentar antwortenimmowelt Redaktion am 26.02.2021 08:08
Hallo Nini,
im Einzelfall hängt es davon ab, wie lang der Baum dort schon steht.
Beste Grüße
immowelt Redaktion
Henning Edler am 03.10.2019 15:41
Es gibt in den Ländern wie z.B. SH Schiedsämter, die bei Nachbarrechtsstreitigkeiten zuständig sind,
hier muss vorher ein Schlichtungsversuch unternommen werden ehe man das Amtsgericht bemüht.
Bei Scheitern des Schlichtungsversuchs stellt die Schiedsperson eine Erfolglosigkeitsbescheinigung
aus, das ist dann die Eintrittskarte für das Amtsgericht.
03.10.2019
auf Kommentar antwortenBirgit Pacholke am 30.05.2019 08:18
Ich habe vor 2 Jahren ein Haus mit Grundstück gekauft,auf dem Nachbar Grundstück stehen riesige Hecken die seit Jahren nicht beschnitten worden sind.die allerdings den ganzen Zaun kaputt machen der Nachbar selbst ignoriert meine Frage ob er diese beschneiden könne ,habe ihn angeboten das ich es selbst übernehme, auch das wird einfach ignoriert. Darf ich auf meiner Seite die Hecken kürzen? Und wer Muße den Abschnitt beseitigen?
auf Kommentar antwortenImmowelt-Redaktion am 31.05.2019 10:46
Sehr geehrte Frau Pacholke,
unter Umständen dürfen Sie den überhängenden Teil der Hecke von Ihrem Grundstück aus selbst beschneiden. Allerdings nur, wenn die Wurzeln oder Äste die Benutzung des eigenen Grundstücks beeinträchtigen. Auch müssen dem Nachbar aber zuvor eine angemessene Frist setzen, dies selbst zu erledigen. Machen Sie von Ihrem „Selbsthilferecht“ gebrauch, können Sie laut BGH die Kosten für den Rückschnitt vom Besitzer des Nachbargrundstückes zurückfordern (Az.: V ZR 99/03). Bitte haben Sie jedoch Verständnis, dass wir keine Rechtsberatung leisten dürfen. Im Streitfall empfehlen wir das Gespräch mit einem Eigentümerverein wie Haus & Grund oder einem Fachanwalt.
Mit freundlichen Grüßen
die Immowelt-Redaktion
Lanars am 02.05.2018 09:00
Wie sieht es denn aus, wenn mein Nachbar einfach eine Mauer (bzw. Abflussroht, das zubetoniert wurde) an meine Grundstücksmauer macht????
auf Kommentar antwortenImmowelt-Redaktion am 02.05.2018 09:54
Hallo Lanars und vielen Dank für Ihren Kommentar,
Einfriedungen, also beispielsweise Mauern, sind in der Regel bis zu einer bestimmten Höhe genehmigungsfrei. Die genauen Regelungen sind aber von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Falls Sie Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Mauer haben, können wir Ihnen daher empfehlen, sich an die örtliche Baubehörde zu wenden.
Mit freundlichen Grüßen
die Immowelt-Redaktion
Lanars am 02.05.2018 12:39
Meine Mauer mit Zaun darauf ist bereits die Einfriedung. Danke für den Tipp mit der Baubehörde.
Die immowelt Redaktion verfügt über ein breites Immobilienwissen und bietet den Lesern sorgfältig recherchierte Informationen in hilfreichen Ratgebertexten. Der Anspruch der immowelt Experten ist es, komplexe Sachverhalte möglichst einfach wiederzugeben. Sämtliche Inhalte werden regelmäßig überprüft und verlässlich aktualisiert. Die immowelt Redaktion kann und darf keine rechtsgültige Beratung leisten. Für rechtsverbindliche Auskünfte empfehlen wir stets den Rat eines Fachanwalts, Eigentümer- oder Mieterverbands einzuholen.