Bereitstellungszinsen: Wenn der Immobilienkauf nur schleichend vorangeht

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Verschiebt sich Fertigstellung oder Kaufabwicklung einer Immobilie, kann das teuer werden: Denn Banken verlangen oft Bereitstellungszinsen für noch nicht abgerufene Darlehen. Doch es ist manchmal möglich, die Mehrkosten zu umgehen.

Bereitstellungszinsen, Laptop, Foto: marvent / Stock.Adobe.com
Schreitet der Hausbau oder die Kaufabwicklung einer Immobilie nur langsam voran, kann das für die Käufer teuer werden: Sie müssen mit Bereitstellungszinsen rechnen. Foto: marvent / Stock.Adobe.com

Wer ein Haus baut, benötigt meist ein Darlehen einer Bank – allerdings nicht die gesamte Summe auf einmal, sondern angepasst an den jeweiligen Baufortschritt. Die noch nicht benötigten Anteile hält die Bank zurück – verlangt hierfür aber nach einem gewissen Zeitraum Bereitstellungszinsen, die Häuslebauer als Extrakosten einkalkulieren müssen.

Auch Käufer von Bestandsimmobilien müssen manchmal Bereitstellungszinsen zahlen. Das ist dann der Fall, wenn sich beispielsweise Eigentumsumschreibungen oder Darlehensbesicherungen verzögern und die bereitstellungszinsfreie Zeit dann zu kurz ist.

Mit ein paar Tricks und planerischem Geschick lassen sich diese Mehrkosten jedoch deutlich reduzieren.

Warum verlangen Banken Bereitstellungszinsen?

Sobald ein Darlehensvertrag unterschrieben ist, verpflichtet sich die Bank, das Geld für den Darlehensnehmer bereit zu halten, bis dieser das Darlehen abruft. In diesem Zeitraum können Banken mit dem Geld nicht arbeiten und verlangen deshalb einen Bereitstellungszins, auch Bereitstellungsprovision genannt, um keine Verluste zu machen.

Bereitstellungszinsen fallen gegebenenfalls zusätzlich an und sind im Effektivitätszinssatz nicht berücksichtigt. Daher sollten Häuslebauer Bereitstellungszinsen als mögliche Mehrkosten in ihre Gesamtkalkulation einplanen.

Wann fallen Bereitstellungszinsen an?

Sobald der Darlehensvertrag unterschrieben ist, können Bereitstellungszinsen anfallen – bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Darlehenssumme vollständig an den Kreditnehmer ausgezahlt ist.

Üblicherweise vereinbaren die Banken mit den Käufern aber eine sogenannte bereitstellungszinsfreie Zeit. In diesem Zeitraum müssen die Darlehensnehmer für nicht abgerufene Darlehensanteile auch keine Zinsen zahlen. Die Frist beginnt meist mit dem Datum des Vertragsabschlusses mit der Bank und kann je nach Konditionen des Vertrages unterschiedlich lange ausfallen. Üblich sind Zeiträume zwischen zwei und zwölf Monaten. Erst nach Ablauf dieser Frist werden Bereitstellungszinsen fällig.

Info

Gesamte Darlehenssumme sofort abrufen

Kann der gesamte Darlehensbetrag innerhalb der Bereitstellungszinsfreien Zeit abgerufen werden – wie oft beim Erwerb einer Bestandsimmobilie – so fallen keine Bereitstellungszinsen an. Bei Neubauten oder Kauf und anschließender Modernisierung werden jedoch vom Bauträger die einzelnen Bauabschnitte fortlaufend in Rechnung gestellt. Wird dabei die bereitsellungszinsfreie Zeit überschritten, fallen für die verbleibenden, noch nicht abgerufenen Darlehensanteile Bereitstellungszinsen an.

Bereitstellungszinsen berechnen

Bereitstellungszinsen, Rohbau, Foto: DanBu.Berlin / Stock.Adobe.com
Verzögert sich der Neubau eines Einfamilienhauses, so muss der Bauherr oft Bereitstellungszinsen für noch nicht abgerufene Darlehensteile zahlen. Das kann teuer werden. Foto: DanBu.Berlin / Stock.Adobe.com

Um die Höhe der Bereitstellungszinsen zu berechnen, ziehen die Banken den noch nicht abgerufenen Darlehensbetrag als Berechnungsgrundlage heran. Es kann sich dabei – je nach Baufortschritt – um die gesamte Kreditsumme oder aber einen verbliebenen Anteil handeln. Hat ein Kreditnehmer beispielsweise ein Darlehen über 250.000 Euro aufgenommen und eine Teilauszahlung in Höhe von 175.000 Euro in der bereitstellungsfreien Zeit abgerufen, muss er auf die verbliebenen 75.000 Euro Bereitstellungszinsen zahlen, sobald der bereitstellungszinsfreie Zeitraum überschritten ist.

Dieser Betrag wird mit dem Bereitstellungszinssatz multipliziert. Wie hoch dieser ausfällt, hängt von der kreditgebenden Bank ab und wird im Darlehensvertrag festgeschrieben. In der Regel verlangen die Banken einen monatlichen Zinssatz von 0,25 Prozent. Für einen Monat würden im genannten Beispiel also 187,50 Euro anfallen. Die Bereitstellungszinsen rechnen die Banken tagesgenau aus.

Bereitstellungszinsen können sich schnell als erheblicher Kostenfaktor entpuppen – besonders wenn sich Bauvorhaben beispielsweise durch Baumängel stark verzögern. Denn auf das Jahr gerechnet fallen so oft drei Prozent Extrazinsen an.

Info

Bereitstellungszinsen bei Bauverzögerung

Verzögert sich ein Bauvorhaben, muss in manchen Fällen der Bauträger für die dadurch entstandenen Bereitstellungszinsen aufkommen. Voraussetzung ist, dass ein fester Termin zur Fertigstellung oder zur Umsetzung einzelner Bauschritte im Bauvertrag vereinbart ist. Denn dann hat der Bauherr Anspruch auf Schadensersatz.

Doch nicht immer müssen Bereitstellungszinsen ein Bauvorhaben zusätzlich verteuern. Denn häufig ergeben sich Möglichkeiten, Extrakosten zu sparen.

Info

Nichtabnahmeentschädigung

In seltenen Fällen kommt es vor, dass ein Hausbau günstiger wird, als ursprünglich kalkuliert. Dann bleibt nach Fertigstellung ein nicht abgerufener Darlehensteil übrig, der nicht mehr benötigt wird. Für den Nichtabruf dieses Darlehensteils verlangt die Bank eine Nichtabnahmeentschädigung. Deren Berechnung ist vergleichbar der Ermittlung einer Vorfälligkeitsentschädigung.

Bereitstellungszinsen umgehen: Drei Tipps

Bereitstellungszinsen, Beratungsgespräch, Foto: Rido / Stock.Adobe.com
Wer Bereitstellungszinsen so weit wie möglich vermeiden will, sollte mit seiner Bank verhandeln. Foto: Rido / Stock.Adobe.com

Bereitstellungszinsen stellen für Immobilienkäufer Mehrkosten dar. Mit diesen Tipps lassen sich die lästigen Ausgaben jedoch reduzieren:

Bereitstellungszinsfreie Zeit praktisch planen

Wer eine Immobilie baut oder eine Bestandsimmobilie erwirbt, sollte die bereitstellungsfreie Zeit bestmöglich ausnutzen. In vielen Fällen genügt den Bauherren dieser Zeitraum, um den Kreditbetrag vollständig abzurufen. Kreditnehmer sollten ihr Darlehen nicht zu früh aufnehmen und versuchen, einen Großteil des Geldes in der bereitstellungszinsfreien Zeit abzurufen.

Darlehenskonditionen mit der Bank verhandeln

Wer bereits in der Planungsphase feststellt, dass eine kurze bereitstellungsfreie Zeit zu Mehrkosten führen wird, sollte das Gespräch mit seiner Bank suchen. Banken können kulant sein, wenn es darum gehe, die Konditionen des Darlehens zu verhandeln. Demzufolge sollte ein möglichst langer bereitstellungszinsfreier Zeitraum vereinbart werden.

Bereitstellungszinsfreie Zeit verlängern

In manchen Fällen ist es möglich, mit der Bank eine Verlängerung der bereitstellungszinsfreien Zeit auszuhandeln. Das kann aber dazu führen, dass sich das Darlehen an anderer Stelle verteuert, Im Einzelfall müssten Kreditnehmer dann ausrechnen, ob dies für sie noch einen finanziellen Vorteil ausmacht.

Rechenbeispiel

Ein Bauherr nimmt ein Darlehen über 200.000 Euro auf. Nach Ablauf der bereitstellungszinsfreien Zeit beträgt der Restbetrag noch 50.000 Euro. Diesen Betrag soll die Bank für drei Monate bereithalten. Dafür fallen monatlich 0,25 Prozent Bereitstellungszinsen an. Ist es günstiger, die Bereitstellungszinsen zu zahlen oder die bereitstellungszinsfreie Zeit zu verlängern?

Variante A: Bereitstellungszinsen zahlen
Restbetrag: 50.000 Euro 
Bereitstellungszinsen pro Monat: 50.000 Euro x 0,25 Prozent = 125 Euro 
Mehrkosten für drei Monate: 125 Euro x 3 Monate = 375 Euro

Variante B: Bereitstellungszinsfreie Zeit um drei Monate verlängern
Für die Verlängerung der bereitstellungszinsfreien Zeit berechnet der Kreditgeber einen Zinsaufschlag von 0,02 Prozent auf die volle Darlehenssumme. 
Zinsaufschlag für eine Verlängerung von drei Monaten: 0,06 Prozent
Jährliche Mehrkosten: 200.000 Euro x 0,06 Prozent = 120 Euro 
Für eine Zinsfestschreibung von beispielsweise 10 Jahren betragen die Mehrkosten so 1.200 Euro.

Fazit: Häufig ist es wesentlich teurer, die bereitstellungsfreie Zeit zu verlängern. Insbesondere bei Neubauten wird ein Großteil der Darlehensteile frühzeitig abgerufen, sodass die Bereitstellungszinsen vergleichsweise gering ausfallen. 
 

Steuerliche Vorteile nutzen

Wer ein Haus baut und Bereitstellungszinsen zahlen muss, kann unter Umständen steuerliche Vorteile nutzen. Voraussetzung ist, dass die gebaute Immobilie teilweise oder vollständig vermietet wird. Dann können die Eigentümer gezahlte Bereitstellungszinsen als Herstellungskosten steuerlich geltend machen. Dies ist jedoch nur für das Jahr möglich, in dem sie die Zinsen bezahlt haben. Eigentümer dürfen Bereitstellungszinsen daher nicht rückwirkend als Werbungskosten abziehen, laut Urteil des Bundesfinanzhofs (BGH, Az.: IX R 2/12).

Link-Tipp

Wer eine Immobilie vermietet, kann nicht nur Bereitstellungszinsen als Herstellungskosten steuerlich geltend machen. Erfahren Sie hier mehr über Ihre Abschreibungsmöglichkeiten für Immobilien.

Gründliche Planung und Bankenvergleich

Generell gilt: Bauherren sollten den Zeit- und Zahlungsplan des Vorhabens genau kennen und wissen, wann sie welche Zahlungsströme an den Bauunternehmer leisten müssen. Steht die Planung, lohnt es sich ebenfalls, die Darlehensangebote mehrerer Banken zu vergleichen: Zum Teil unterscheiden sich die bereitstellungsfreien Zeiträume enorm. Wer zum Beispiel ein aufwändiges Bauvorhaben plant, kann sich so für eine Bank mit langem bereitstellungszinsfreien Zeitraum entscheiden – und unnötige Mehrkosten vermeiden.

Link-Tipp

Wie viel Immobilie kann ich mir leisten? Welche Fördermöglichkeiten gibt es? Erfahren Sie hier alles rund um die Baufinanzierung:

Frank Kemter18.08.2021

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2 Kommentare

Stefanel am 19.08.2021 16:46

Reicht es, die zusätzlich anfallenden Zins-Kosten durch Verzug erst bei Übergabe der Wohnung gegenüber dem Verkäufer geltend zu machen oder besteht “Verjährungsgefahr”?

auf Kommentar antworten

immowelt redaktion am 20.08.2021 08:17

Hallo Stafanel,

bitte haben Sie Verständnis, dass wir keine rechtsgültigen Einschätzungen vornehmen können oder dürfen. Wir raten Ihnen, sich an einen Fachanwalt zu wenden.

Beste Grüße

immowelt Redaktion

Kai Masai am 22.05.2020 16:19

Zunächst vielen Dank für den informativen Beitrag !

Sie schreiben "Wer eine Baufinanzierung benötigt, geht mit einer Bank einen Darlehensvertrag ein. Durch diesen verpflichten sich die Banken, das geliehene Geld bereitzuhalten – bis der Kreditnehmer die Summe vollständig abgerufen hat.

In diesem Zeitraum ist es den Banken jedoch nicht möglich, mit dem zurückgehaltenen Geld anderweitig Gewinne zu erzielen oder sich selbst zu refinanzieren. Um deshalb keine Verluste zu machen, verlangen die Kreditinstitute Bereitstellungszinsen ..."

Hierzu sollte man wissen, dass die Bank nicht das Geld anderer Sparer als Kredit herausgibt, sondern das Geld für den Kredit von der Bank - aus dem Nichts - erschaffen wird, Quelle: Deutsche Bundesbank, "Tatsächlich wird bei der Kreditvergabe durch eine Bank stets zusätzliches Buchgeld geschaffen. Die weitverbreitete Vorstellung, dass eine Bank „auch altes, schon früher geschöpftes Buchgeld, z. B. Spareinlagen, weiterreichen“ (könne), wodurch die volkswirtschaftliche Geldmenge nicht erhöht wird, trifft nicht zu.".

Wie lassen sich Bereitstellungszinsen vor diesem Hintergrund noch rechtfertigen ? Die finanzierende Bank kassiert also praktisch Zinsen für "Nichts".

Für eine Antwort wäre ich Ihnen sehr dankbar !

Freundliche Grüße

auf Kommentar antworten

immowelt-Redaktion am 25.05.2020 11:40

Hallo Kai Masai,

Banken können Darlehen auch im Rahmen der so genannten Bilanzverlängerung schöpfen und damit die Buchgeldmenge erhöhen. Banken sind allerdings auch gewinnorientierte Wirtschaftsunternehmen, weshalb die Bereitstellungszinsen im Prinzip die Zinseinnahmen kompensieren, die die Bank erzielt hätte, hätte sie das Geld schon ausgekehrt. Man muss unser kapitalistisches Geldsystem nicht in jedem Punkt gut finden, jedenfalls hat es sich als effizienter bewährt als reine Subsistenz- oder Tauschwirtschaft.

Beste Grüße

die immowelt-Redaktion

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