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Der Rückgang der Immobilienpreise scheint vorerst in vielen Städten gestoppt. Nachdem die Angebotspreise für Bestandswohnungen im Immobilienmarkt seit Mitte 2022 nach einem Jahrzehnt ständigen Anstiegs eingebrochen waren, hat sich der Abwärtstrend nun scheinbar stabilisiert: In14 von 15 Städten mit über 500.000 Einwohnern, die für den immowelt Preiskompass im 1. Quartal 2024 untersucht wurden, sind die Preise für Eigentumswohnungen wieder gestiegen. Sinkende Bauzinsen und niedrigere Immobilienpreise sind Gründe für die Trendwende bei den Preisen – dadurch ist Wohneigentum für viele Haushalte wieder erschwinglicher geworden. Von einer Immobilienblase, wie sie vor Anstieg der Zinsen von manchen postuliert wurde, kann keine Rede mehr sein.
Der Preiszuwachs lag dabei im Durchschnitt bei 1,9 Prozent. Schon im Vorquartal erhöhten sich die Kaufpreise in 11 von 15 Städten, jedoch nur um durchschnittlich 1,3 Prozent. Sollten die Zinsen im Laufe des Jahres weiter sinken, dürfte das die Nachfrage nach Häusern und Wohnungen weiter befeuern. Von sinkenden Immobilienpreisen könnte dann nicht mehr die Rede sein. Laut der Untersuchung verzeichnete nur Berlin im 1. Quartal 2024 einen leichtenPreisrückgang von 1 Prozent. Den stärksten Preisanstieg bei Wohnimmobilien hingegen gab es in Dortmund, wo die Preise um 2,9 Prozent zulegten. Der Preisverfall scheint damit zunächst gestoppt.
Für viele Kaufinteressenten sind Häuser und Wohnungen wieder leistbar geworden, da die durchschnittlichen Zinsen seit Herbst 2023 von 4,2 auf nunmehr 3,6 Prozent gesunken sind. Gleichzeitig profitieren Käufer von Wohnimmobilien vom insgesamt gesunkenen Preisniveau, denn der aktuell moderate Anstieg der Preise hat die Rückgänge der vergangenen 2 Jahre noch lange nicht wettgemacht. Wer also heute eine Immobilie finanziert, profitiert bei seiner Finanzierung von einer deutlich gesunkenen Monatsrate. Kaufinteressenten profitieren also von insgesamt besseren Bedingungen, auch im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Aufgrund der gesunkenen Zinsen ergibt sich für Käufer trotz der angestiegenen Preise eine geringere monatliche Belastung. Laut Preiskompass zahlen Käufer einer durchschnittlichen 75-Quadratmeter-Bestandswohnung in Frankfurter Immobilienmarkt 257 Euro weniger als noch im Vorquartal. Auch in weiteren untersuchten Städten ergeben sich Einsparpotenziale, so in Köln mit minus 164 Euro oder in Hamburg mit minus 154 Euro.
Ein wesentlicher Grund für den vergangenen Einbruch bei der Immobilien-Nachfrage war, dass sich viele Normalverdiener beim gestiegenen Zinsniveau eine Immobilie nicht mehr leisten konnten. Wer vor gut 2 Jahren noch mit einem Zinssatz von 1,5 Prozent, einer Anfangstilgung von 2 Prozent und einer Zinsfestschreibung von 15 Jahren seine Immobilie finanzieren konnte, zahlte für 500.000 Euro Darlehenssumme eine monatlich Rate in Höhe von 1.460 Euro. Bei den nunmehr gestiegenen Zinsen sieht die Belastung aber anders aus. Die nachfolgende Tabelle zeigt die monatliche Rate bei höheren Zinsen:
Zinssatz, Tilgung | Monatsbelastung |
1,5 Prozent, 2 Prozent | 1.460 Euro |
2,5 Prozent, 2 Prozent | 1.880 Euro |
3,5 Prozent, 2 Prozent | 2.300 Euro |
4,5 Prozent, 2 Prozent | 2.700 Euro |
5,5 Prozent, 2 Prozent | 3.120 Euro |
Durch die aktuell wieder etwas niedrigeren Zinsen dürften viele Kaufwillige Zinssätze um die 3,5 Prozent aushandeln können. Verglichen mit den historischen Niedrigzinsen ergibt sich aber dennoch im Rechenbeispiel eine Mehrbelastung von über 800 Euro. Für viele Kaufwillige ist das trotz der aktuell wieder gesunkenen Zinsen aber immer noch nicht leistbar.
Angenommen, die maximale monatliche Belastung darf nicht höher als 1.500 Euro sein, also die Rate, die bei den historischen Niedrigzinsen möglich war, so ergibt sich im aktuellen Umfeld eine geringere Finanzierungssumme, die leistbar ist.
Bei einem Zinssatz von 3,5 Prozent und 2 Prozent Tilgung beläuft sich dann die maximale Darlehenssumme auf nur noch gut 320.000 Euro.
Eine weitere Baustelle ist der Neubau. Zahlreiche Bauprojekte wurden in den vergangenen Monaten storniert. Grund: Gestiegene Baupreise treffen auf gestiegene Zinsen. Das, was vor 2 Jahren noch auf Nachfrage stieß, ist heute für viele nicht mehr bezahlbar. Im Gesamtjahr 2023 gab es rund 245.000 neue Wohneinheiten, etwa 50.000 weniger als noch ein Jahr zuvor.
Von Januar bis Oktober 2023 gab es laut des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes (ZDB) auch knapp ein Viertel weniger Aufträge für die Bauwirtschaft. Auch die Zahl der erteilten Baugenehmigungen bestätigt den Trend: So wurden im März 2024 rund 24 Prozent weniger Baugenehmigungen erteilt als im ohnehin schon schwachen März 2023 – schon da lagen die erteilten Baugenehmigungen um fast 30 Prozent unterhalb des 2022er-Niveaus. Ob sich der Markt Ende 2024 oder Anfang 2025 wieder aufhellen wird, wie Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) hofft, ist fraglich. Aufgrund der Ausgangslage schätzt die DZ-Bank, dass die Zahl der Fertigstellungen 2025 auf rund 200.000 Einheiten fallen könnte. Dies auch, weil die Fördertöpfe wegen des Verfassungsgerichtsurteils leer sind.
Die weitere Entwicklung am Immobilienmarkt ist stark abhängig von den Entscheidungen der Europäischen Zentralbank. Diese hatte den Leitzins zuletzt im Juni 2024 erstmals seit 5 Jahren um 0,25 % auf nun 4,25 % gesenkt. Bereits die Erwartungshaltung hatte in der jüngeren Vergangenheit dazu geführt, dass die Bauzinsen spürbar nach unten gingen.
Frank Kemter07.06.2024Die immowelt Redaktion verfügt über ein breites Immobilienwissen und bietet den Lesern sorgfältig recherchierte Informationen in hilfreichen Ratgebertexten. Der Anspruch der immowelt Experten ist es, komplexe Sachverhalte möglichst einfach wiederzugeben. Sämtliche Inhalte werden regelmäßig überprüft und verlässlich aktualisiert. Die immowelt Redaktion kann und darf keine rechtsgültige Beratung leisten. Für rechtsverbindliche Auskünfte empfehlen wir stets den Rat eines Fachanwalts, Eigentümer- oder Mieterverbands einzuholen.