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Wer ein Haus vererbt oder verschenkt, muss bedenken, dass der Begünstigte oft Erbschafts- oder Schenkungssteuer zahlen muss. Da Immobilien ab 2023 strenger bewertet werden, steigt für viele die Steuerlast. Doch es gibt manchmal Möglichkeiten, den Fiskus außen vor zu lassen.
Wer eine Immobilie erbt oder geschenkt bekommt, muss oft eine Erbschafts- oder Schenkungssteuer zahlen. Ab 2023 kann das für Erben deutlich teurer werden, da der Bund aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts die steuerliche Bewertung von Immobilien neu geregelt hat. Dieses hatte entschieden, dass sich die Wertermittlung am „gemeinen Wert“, also am tatsächlichen Verkehrswert, zu orientieren hat. Künftig dürfte deshalb für viele der ermittelte Immobilienwertes höher ausfallen als der steuerliche Freibetrag. Die Folge: Der Erbe muss eine Erbschafts- oder Schenkungssteuer zahlen. Um diese Mehrbelastung abzumildern, fordert die FDP eine Erhöhung der Freibeträge. Freibetrag und Höhe des Steuersatzes hängen dabei vom Verwandtschaftsgrad ab.
Erscheint der vom Fiskus ermittelte Wert zu hoch, kann der Erbe Widerspruch einlegen. Mit Hilfe eines Sachverständigen können hierzu zum Beispiel wertmindernde Eigenschaften ermittelt und geltend gemacht werden. Es ist also sinnvoll, den Wert der Immobilie schon zu kennen, bevor der Fiskus den Wert ermittelt.
Bei den Steuersätzen und den Freibeträgen macht es keinen Unterschied, ob es sich um eine Schenkung oder um ein Erbe handelt. So müssen beispielsweise Kinder erst dann Schenkungs- oder Erbschaftssteuer zahlen, wenn das Erbe über dem Freibetrag von 400.000 Euro liegt.
Erbe (Steuerklasse) | Freibetrag |
Ehegatte/Lebenspartner (Steuerklasse I) | 500.000 Euro |
Kinder (Steuerklasse I) | 400.000 Euro |
Enkel (Steuerklasse I) | 200.000 Euro |
Geschwister, Neffen, Nichten, Eltern, Großeltern, Stiefeltern, Schwiegereltern, Schwiegerkinder, geschiedene Ehegatten (Steuerklasse II) | 20.000 Euro |
Alle übrigen Erben, auch nichtverheiratete Partner (Steuerklasse III) | 20.000 Euro |
Fällt das Erbe höher aus als der jeweilige Freibetrag, wird je nach Steuerklasse ein entsprechender Steuersatz auf die den Freibetrag überschießende Summe erhoben:
Wert bis einschließlich | Steuersatz in der Steuerklasse |
I | II | III | |
75.000 Euro | 7 % | 15 % | 30 % |
300.000 Euro | 11 % | 20 % | 30 % |
600.000 Euro | 15 % | 25 % | 30 % |
6.000.000 Euro | 19 % | 30 % | 30 % |
13.000.000 Euro | 23 % | 35 % | 50 % |
26.000.000 Euro | 27 % | 40 % | 50 % |
über 26.000.000 Euro | 30 % | 43 % | 50 % |
Info: Wer Immobilien im Ausland hat, sollte sich frühzeitig über die Steuergesetze des Landes informieren und sich erkundigen, ob ein Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland besteht. Besteht kein Abkommen, kann es passieren, dass der Erbe in beiden Ländern Erbschaftssteuer zahlen muss.
Bei der Berechnung der Erbschaftssteuer für ein Haus kommt es auf folgende Faktoren an:
Beispiel: Erbt die Tochter das Haus im Wert von 500.000 Euro, muss sie – da sie einen Freibetrag von 400.000 Euro hat – 100.000 Euro versteuern. Kinder haben die Steuerklasse I – entsprechend wird der Betrag mit 11 Prozent Erbschaftssteuer belegt. Dies entspricht 11.000 Euro.
Fällig wird die Steuer mit dem Erbfall oder der Schenkung. Der Erbe muss innerhalb von drei Monaten, nachdem er von seinem Erbe erfahren hat, eine Erbschaftssteuererklärung beim Fiskus einreichen (§ 30 ErbStG). Das Finanzamt ermittelt daraufhin die Höhe der fälligen Erbschaftssteuer.
Allerdings ist nicht jeder in der Lage, die Erbschaftssteuer sofort zu bezahlen. Wer beispielsweise eine Immobilie erbt und die Steuer nicht ohne Verkauf des Anwesens zahlen kann, kann die Erbschaftssteuer in Einzelfällen bis zu zehn Jahre lang zinslos stunden lassen. Die Steuer muss dann innerhalb der Frist in Raten gezahlt werden.
Kann die Tochter die Erbschaftssteuer nicht zahlen, hat sie zwar die Möglichkeit, eine Stundung der Erbschaftssteuer beim Finanzamt zu beantragen, allerdings ist dies an strenge Voraussetzungen geknüpft: „Der Erbe muss eine vollständige Vermögensauskunft abgeben und darlegen, in welcher Weise er die Steuer nach Ablauf des Stundungszeitraums zu zahlen gedenkt. Eine Stundung wird nicht gewährt, wenn sich der Erbe das Geld für die Steuer beschaffen kann“, erklärt Markus Sebastian Rainer, Fachanwalt für Erbrecht und Testamentsvollstrecker aus München. Geht es um eine große Summe, könnte der Erbe beispielsweise ein Grundstück verkaufen oder dieses beleihen.
Das Finanzamt hält es für zumutbar, dass Erben für die Erbschaftssteuer Schulden machen. Da die Zahlungsfrist ab Zustellung des Steuerbescheids nur einen Monat beträgt, sollten Erben versuchen, die Abgabe der Erbschaftssteuererklärung hinauszuzögern, indem sie Fristverlängerungsanträge stellen.
In Ausnahmefällen kann eine Stundung von bis zu zehn Jahren möglich sein, wenn sonst der Verkauf der Immobilie unausweichlich ist.
In einigen Ausnahmefällen fällt gar keine Erbschaftssteuer an. Etwa dann, wenn eine Ehefrau nach dem Tod ihres Mannes einen Anteil oder die gesamte gemeinsam genutzte Immobilie erbt, sofern diese vom Erblasser bewohnt und mindestens zehn Jahre genutzt wurde. In diesem Fall werden unabhängig vom Verkehrswert der Immobilie keine Steuern fällig. Diese Ausnahme gilt auch dann, wenn der überlebende Ehepartner die Immobilie aus zwingenden Gründen nicht selbst bewohnen kann – weil er zum Beispiel ins Altenheim ziehen muss.
Übersteigt die Wohnfläche der Immobilie 200 Quadratmeter nicht, können auch die Kinder des Erblassers von dieser Steuerbefreiung profitieren. Diese Regelung gilt aber ausschließlich im Erbfall, nicht bei einer Schenkung.
Hinterlässt der Erblasser eine vermietete Immobilie, kommen auch die Ehepartner und die Kinder nicht um eine Steuerzahlung herum. Diese errechnet sich aus dem Verkehrswert der Immobilie. Allerdings nimmt das Finanzamt einen Bewertungsabschlag von zehn Prozent des Verkehrswertes vor.
Wie viel das Haus oder die Wohnung wert ist, erfahren Erben bei der Ermittlung des Verkehrswerts.
Im Allgemeinen haben Stiefkinder keinen Pflichtteils- oder Pflichtteilsergänzungsanspruch, denn juristisch betrachtet sind Stiefeltern und -kinder nicht miteinander verwandt, sondern verschwägert. Entsprechend sind sie die gesetzlichen Erben ihres leiblichen Elternteils. Letztlich können Stiefkinder nur dann erben, wenn sie im Testament oder im Erbvertrag bedacht werden. Bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer gibt es allerdings keine Unterschiede zwischen den leiblichen und Stiefkindern.
Wer zum Beispiel seinen Kindern schon zu Lebzeiten einen Teil seines Vermögens schenkt, sorgt dafür, dass weniger Steuern anfallen. Denn in diesem Fall der vorweggenommene Erbfolge kann der Beschenkte dieselben steuerlichen Freibeträge, die es auch bei der Erbschaft gibt, in Anspruch nehmen – allerdings mehrfach. Wie auch beim Erbe hat das Kind einen Steuerfreibetrag von 400.000 Euro.
Auch wenn eine Immobilie verschenkt wird, kann der Schenkende ein Wohnrecht oder ein Nießbrauchrecht absichern lassen.
Bei einer Schenkung kann dieser Freibetrag alle zehn Jahre ausgeschöpft werden.
Beispiel: Frau Huber hat ein Vermögen von 1.000.000 Euro. Sie schenkt ihrem Sohn eine Eigentumswohnung im Wert von 400.000 Euro steuerfrei. Zehn Jahre später schenkt sie ihm eine weitere Eigentumswohnung im Wert von 400.000 Euro. Auch diese Schenkung bleibt steuerfrei. Frau Huber verfügt nach den beiden Schenkungen noch über ein Barvermögen in Höhe von 200.000 Euro. Überlebt sie die kommenden zehn Jahre, erbt ihr Sohn diese Summe später ebenfalls steuerfrei.
Verstirbt Frau Huber allerdings noch vor Ablauf der Zehnjahresfrist nach der Schenkung der zweiten Eigentumswohnung, so werden deren Wert und die weitere Erbschaft in Höhe von 200.000 Euro zusammengerechnet und es fällt eine Erbschaftssteuer an. In diesem Beispiel sind die gesamten 200.000 Euro Barvermögen zu versteuern, da auch hier ein Freibetrag von 400.000 Euro gilt.
Da sich der Freibetrag auf jeweils ein Elternteil bezieht, steht Kindern dieser zweimal zu – einmal von der Mutter und einmal vom Vater.
Achtung: Übersteigt der Wert der Immobilie den Freibetrag von 400.000 Euro, so muss sowohl bei einer Erbschaft als auch bei einer Schenkung der den Freibetrag überschießende Teil versteuert werden. Beläuft sich also der Wert der Erbschaft oder Schenkung auf zum Beispiel 450.000 Euro müssen nach Abzug des Freibetrags von 400.000 Euro in der Steuerklasse I 50.000 Euro mit sieben Prozent versteuert werden, was hier 3.500 Euro entspricht.
Wer eine Immobilie verschenken will, sollte vorher genau eruieren, wie viel sie wert ist.
Die Schenkung erfolgt im Gegensatz zum Erbe noch zu Lebzeiten. Schenkende wie Beschenkte sollten dabei auf einiges achten:
Nur in bestimmten Fällen kann eine Rückabwicklung der Schenkung erfolgen: Gemäß §528 BGB ist dies dann möglich, wenn der Schenker zu verarmen droht oder wenn grober Undank (§ 530 BGB) vorliegt. Grober Undank ist beispielsweise bei körperlichen Misshandlungen, Bedrohungen oder schweren Beleidigungen gegeben.
Eine Schenkung kann aber auch dann zurückgefordert werden, wenn sich die Annahmen, auf der die Schenkung beruhen, als falsch herausstellen.
Schenkungen der Eltern an ein Kind werden unter bestimmten Voraussetzungen nicht auf den Pflichtteil eines anderen Kindes angerechnet. Allerdings gibt es einen Pflichtteilergänzungsanspruch, wenn zwischen der Schenkung und dem Erbfall nur wenige Jahre vergangen sind, der in § 2325 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geregelt ist. Das bedeutet, dass der Pflichtteilsberechtigte eine Ergänzung des Betrags auf den Pflichtteil verlangen kann, wäre der verschenkte Gegenstand dem Nachlass zugerechnet worden.
Bei mehreren Kindern können Eltern veranlassen, dass beispielsweise ein Kind zu Lebzeiten eine Schenkung erhält und die anderen erst später beim Erbe bedacht werden. Handelt es sich bei der Schenkung um eine Immobilie, sollte sich der Schenkende generell zur eigenen Absicherung und der des Ehepartners vertraglich ein Nießbrauchrecht einräumen, damit er das Haus oder die Wohnung auch nach der Schenkung weiter nutzen oder diese vermieten kann.
Wer sich frühzeitig Gedanken um seinen Nachlass macht, kann seinen Nachkommen eine hohe Erbschaftssteuerlast ersparen – etwa, indem schon zu Lebzeiten ein Teil des Vermögens verschenkt wird. Oft ist die Beratung durch einen Notar sinnvoll. Ein Erbvertrag oder Testament kann spätere Streitereien unter den Begünstigten vermeiden helfen.
Frank Kemter23.11.2022H. Groß am 16.01.2023 19:20
Kann ein Erbe zu Gunsten eines Dritten auf einen Teil der Erbschaft ohne Steuernachteil verzichten?
Kann ein Erblasser eine Person bevollmächtigen aus der Erbmasse Beträge an Dritte als Vermächtnis zu zahlen, die der Bevollmächtigte bestimmt? Evtl. aus einen bestimmten Personenkreis, wie Mitarbeiter, Pfleger, soziale Einrichtungen.
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