Lesermeinungen:
Eigentümer von Grundstücken in zweiter Reihe können durch das Wegerecht das Grundstück des Nachbarn mit nutzen, um ihr Haus zu erreichen. Welche Rechte und Pflichten sich für beide Nachbarn ergeben und was sonst noch wichtig ist.
Das Wegerecht ist laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) eine Grunddienstbarkeit, die es erlaubt, ein Grundstück zum Durchgang zu nutzen. Der Eigentümer eines sogenannten Hinterliegergrundstücks darf damit das Nachbargrundstück nutzen, um sein eigenes Grundstück zu erreichen.
Ist auf das eigene Grundstück ein Wegerecht eingetragen, darf der Nachbar es nutzen, um auf sein Grundstück oder umgekehrt auf eine öffentliche Straße zu kommen.
Das Grundstück, das der Überquerung dient, ist das dienende Grundstück. Das zu Erreichende heißt herrschendes Grundstück.
Im Allgemeinen wird das Wegerecht unterschieden in Geh- und Fahrrecht. Mit einem Gehrecht darf der Eigentümer des herrschenden Grundstücks das dienende Grundstück nur zu Fuß überqueren. Mit einem Fahrrecht, oder Überfahrrecht, darf er dafür auch ein Fahrzeug verwenden.
Das Wegerecht spielt eine Rolle bei:
Das Wegerecht ist im Bürgerlichen Gesetzbuch Paragraf 917 geregelt. Unterschieden wird zwischen einem öffentlich-rechtlichen Wegerecht, das als Baulast in das Baulastenverzeichnis eingetragen wird, und einem privatrechtlichen Wegerecht.
Private Wegerechte können über einen einfachen Vertrag vereinbart oder verbindlich im Grundbuch des dienenden Grundstücks eingetragen werden.
Wird das Wegerecht nur in einem privatrechtlichen Vertrag geregelt, gilt es auch nur zwischen den Vertragsparteien. Dabei ist es unerheblich, ob der privatrechtliche Vertrag mündlich oder schriftlich vereinbart wurde. Wird das dienende Grundstück dann verkauft, muss das Wegerecht mit dem neuen Eigentümer neu vereinbart werden.
Der Vorteil bei einer solchen Vereinbarung ist der geringere Aufwand. Nachteilig kann es für einen neuen Eigentümer sein, weil es bei Neuverhandlungen zu Problemen kommen kann. Soll das Wegerecht auch im Fall eines Verkaufs Bestand haben, wird es im Grundbuch eingetragen.
Für die Eintragung des Wegerechts im Grundbuch wird ein Notar beauftragt. Dieser stellt zusammen mit den relevanten Unterlagen beim Grundbuchamt einen Antrag auf Eintragung der Grunddienstbarkeit. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie das Wegerecht im Grundbuch eingetragen wird:
Das Wegerecht wird im Grundbuch immer in Abteilung II – dort sind die Lasten und Beschränkungen vermerkt – des dienenden Grundstücks eingetragen. Möglich ist, mit Ausnahme von Bayern, auch die zusätzliche Eintragung ins Baulastenverzeichnis. Im Baulastverzeichnis sind Grundstückslasten eingetragen, die verwaltungsrechtlich für die Beziehung zwischen Eigentümer und Behörden relevant sind. Der Eintrag ins Baulastenverzeichnis erlischt auch im Fall einer Zwangsversteigerung nicht, sondern bleibt im Baulastverzeichnis eingetragen, das entschied der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in einem Leitsatzurteil (VGH Az.: 3 S 3378/19).
Die Eintragung ins Grundbuch des herrschenden Grundstücks ist ebenfalls möglich. Der sogenannte Herrschvermerk ist aber nicht notwendig.
Lies hier, was das Grundbuch über ein Grundstück verrät.
Der Notar benötigt für den Antrag auf Eintragung des Wegerechts die Bewilligungserklärung des Eigentümers des dienenden Grundstücks und einen Lageplan, auf dem der entsprechende Weg eingetragen ist.
Der Notar erstellt außerdem eine Vereinbarung zur Art der Nutzung, gegebenenfalls den berechtigten Personen und eventuell einer Nutzungsentschädigung. Diese Vereinbarung beglaubigt er auch. Eigentümer sollten auf eine möglichst genaue Formulierung achten, die wenig Platz für Interpretationen lässt – das beugt Streitigkeiten vor.
Für das gewährte Wegerecht wurde eine Summe von 5.000 Euro ermittelt. Der Notar nimmt eine Gebühr in Höhe von etwa 35 Euro inklusive Auslagen, Telefon und Porto. Hinzu kommen noch Gebühren für die Grundbucheinsicht und einen beglaubigten Auszug: 20 Euro. Zum Schluss wird auch die Umsatzsteuer in Höhe von 19 Prozent fällig.
Notargebühr | 35 Euro |
Grundbuchauszug | 20 Euro |
Umsatzsteuer 19 Prozent | 10,45 Euro |
Kosten für die Eintragung des Wegerechts | 65,45 Euro |
Das Wegerecht ist kein Gewohnheitsrecht – urteilte der Bundesgerichtshof 2020 (BGH AZ: V ZR 155/18). Hat der Eigentümer des dienenden Grundstücks nichts gegen die Nutzung durch den Nachbarn, verkauft es dann aber, hat der Eigentümer des herrschenden Grundstücks keine rechtliche Grundlage, das verkaufte Grundstück einfach weiter zu benutzen.
In der Regel hat der Nachbar keinen Anspruch auf ein Wege- oder Durchfahrtsrecht. Liegt ein Grundstück aber so, dass es keinen direkten Zugang zu öffentlichen Wegen hat, so gilt das Notwegerecht (§§ 917 – 918 BGB). Das ist vor allem bei Hinterliegergrundstücken der Fall. Wie der Notweg verläuft und in welchem Umfang der Nachbar ihn nutzen darf, muss im Zweifel ein Gericht entscheiden. Dem Eigentümer steht eine sogenannte Notwegrente, also eine Entschädigung, zu.
Ein Weg, für den Wegerecht gilt, kann verlegt werden. Will etwa der Eigentümer des dienenden Grundstücks bauen und der genutzte Weg ist betroffen, kann er dem Eigentümer des herrschenden Grundstücks einen anderen Weg anbieten (§1023 BGB). Dieser muss allerdings ebenso geeignet sein und zum Beispiel ebenso breit sein (OLG Karlsruhe, Az. 12 U 156/13).
Der Eigentümer des herrschenden Grundstücks darf das dienende Grundstück entsprechend der Vereinbarung mitbenutzen. Allerdings muss er dieses Recht schonend ausüben und nicht unnötig oft auf dem Weg auf- und abfahren. Zudem darf er zwar passieren – in der Regel aber nicht parken oder halten.
Der Eigentümer des dienenden Grundstücks kann im Gegenzug fordern, dass dieser sich an der Unterhaltung und Instandsetzung des Weges beteiligt. Dass ihm dies grundsätzlich zusteht, bestärkte auch der Bundesgerichtshof (BGH, Az.: V ZR 42/04).
Das Wegerecht kann auf bestimmte Personen beschränkt werden. Ist es weit gefasst, können auch Personen, die zum Eigentümer des herrschenden Grundstücks in besonderer Beziehung stehen, vom Wegerecht Gebrauch machen – Mieter, Pächter, Hausgenossen, Besucher oder Kunden (BGH DNotZ 1971, 471).
Durch das Wegerecht entstehen auch Pflichten. Der Eigentümer des dienenden Grundstücks muss die Nutzung durch den Nachbarn ermöglichen. Der Nutzer des Wegs muss diesen schonend nutzen und, sofern vereinbart, ein Nutzungsentgelt zahlen. Wer sich um die Instandhaltung kümmert, müssen die Parteien laut Paragraf 1021 BGB unter sich vereinbaren. Fällt diese Pflicht dem Eigentümer des dienenden Grundstücks zu, kann er den Nachbarn an den Kosten beteiligen.
Der Eigentümer des dienenden Grundstücks ist dafür zuständig, dass der Nachbar den Weg ungehindert nutzen kann (§§ 1027, 1024 BGB). In der Regel darf er ihm also keine Hindernisse in den Weg stellen, wie einen Zaun oder eine Mauer.
Nur in manchen Fällen dürfen Eigentümer einen Zaun ziehen oder eine Mauer bauen: Im Einzelfall müssen die Interessen von Eigentümer und Nachbar gegeneinander abgewogen werden. So hatte in einem Fall ein Eigentümer sein Grundstück aus Sicherheitsgründen eingezäunt und durfte den Zaun stehen lassen – der Nachbar musste dafür einen Umweg in Kauf nehmen (OLG Düsseldorf, Az. U 20/ 02).
Dem Eigentümer des dienenden Grundstücks entstehen Kosten der Instandhaltung und Pflege des Weges. Beispielsweise, wenn der Weg beschädigt wird oder er im Winter räumen und streuen muss. Vom Eigentümer des herrschenden Grundstücks verlangt er daher in der Regel für die Nutzung des Wegs eine Entschädigung. Der Inhaber des Wegerechts zahlt diese dann regelmäßig oder einmalig. Um Streitigkeiten vorzubeugen, empfiehlt es sich auch hier, die Summe und den Turnus schriftlich festzuhalten.
Die Höhe der Entschädigung sollte angemessen sein – es gibt aber keine Vorgaben. Am besten ziehen die betroffenen Eigentümer einen Sachverständigen zu Rate. Dieser kalkuliert die Entschädigungssumme anhand des Immobilienwertes und der Intensität der Nutzung. Je mehr der Weg genutzt wird, desto höher sollte demnach das Nutzungsentgelt ausfallen.
Wegerecht bedeutet für das dienende Grundstück meist eine Wertminderung. Wird die Nutzung entsprechend ausgeglichen, zum Beispiel mit einem Nutzungsentgelt, kann die Wertminderung aber auch ausgeglichen werden.
Für das herrschende Grundstück bedeutet ein Wegerecht meist eher eine Wertsteigerung. Da sich das Wegerecht zugunsten des Grundstücks auswirkt. Das gilt vor allem, wenn das Wegerecht rechtlich verankert im Grundbuch eingetragen ist.
Oft wirkt sich ein Wegerecht auch auf die Baufinanzierung aus. Dabei kommt es darauf an, ob es um ein herrschendes oder dienendes Grundstück geht:
Eigentümer von Grundstücken, die keinen Zugang zu öffentlichen Straßen oder Wegen haben, dürfen dieses Grundstück nur bebauen, wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt sind. Zum Beispiel geben alle Landesbauordnungen vor, dass die Erschließung für solche Grundstücke gesichert sein müssen. In der Praxis bedeutet das, dass ein Zufahrtsrecht vorhanden sein muss. Dieses Zufahrtsrecht muss dabei nicht nur allein für den Eigentümer gelten, sondern auch für Mieter oder Besucher. In einem Vertrag sollte der erlaubte Personenkreis recht weit gefasst sein.
Ein Wegerecht endet nicht automatisch, wenn ein herrschendes Grundstück zu einem späteren Zeitpunkt doch noch einen eigenen Zugang zu öffentlichen Wegen erhält. Es besteht fort, solange es im Grundbuch eingetragen ist. Um seiner Sorgfaltspflicht nachzukommen, sollte der Eigentümer des herrschenden Grundstücks stets den eigenen Zugang vorziehen, auch wenn das Wegerecht weiter besteht.
Zwar kann der Grundbucheintrag zugunsten des dienenden Grundstücks geändert beziehungsweise gelöscht werden, dafür müssten aber alle Beteiligten der Löschung zustimmen.
Regine Curth16.06.2023Die immowelt Redaktion verfügt über ein breites Immobilienwissen und bietet den Lesern sorgfältig recherchierte Informationen in hilfreichen Ratgebertexten. Der Anspruch der immowelt Experten ist es, komplexe Sachverhalte möglichst einfach wiederzugeben. Sämtliche Inhalte werden regelmäßig überprüft und verlässlich aktualisiert. Die immowelt Redaktion kann und darf keine rechtsgültige Beratung leisten. Für rechtsverbindliche Auskünfte empfehlen wir stets den Rat eines Fachanwalts, Eigentümer- oder Mieterverbands einzuholen.