Lesermeinungen:
Eine Baufinanzierung ganz ohne Eigenkapital – ist das möglich? Erfahre welche Voraussetzungen für eine Vollfinanzierung erfüllt sein müssen, für wen sie infrage kommt und welche Risiken eine Vollfinanzierung haben kann.
Du willst eine Immobilie kaufen, hast aber gerade kaum Geld zur Verfügung? Dann kannst du bei der Bank nach einer Vollfinanzierung deiner Immobilie fragen. Bei einer Vollfinanzierung einer Immobilie wird der gesamte Kaufpreis für dein Haus oder deine Wohnung von der Bank über einen Kredit finanziert.
Beim Hauskauf kommen neben dem Kaufpreis auch noch die Kaufnebenkosten, wie etwa Grunderwerbsteuer, Maklergebühren oder Notarkosten dazu. Werden diese Nebenosten bei der Vollfinanzierung mitfinanziert? Nicht unbedingt. Es gibt zwei Varianten der Baufinanzierung ohne Eigenkapital:
Ob dir die Bank aber überhaupt das eine oder das andere Modell in Aussicht stellt, wird sie individuell bewerten und auch von den aktuellen Bauzinsen abhängig machen.
So ermittelst du die maximale Darlehenshöhe für dein Vorhaben.
Die Bank möchte Sicherheiten haben. Erst recht, wenn sie dir so viel Geld zur Verfügung stellt, muss sie davon ausgehen können, dass sie es auch zurückerhält.
Die EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie verschärft die Vorgaben der Kreditvergabe für die Banken: Sie müssen deine Bonität und Werthaltigkeit deiner Immobilie genau prüfen und dürfen ein Darlehen nur vergeben, wenn es innerhalb der statistischen Lebenserwartung des Kreditnehmers vollständig getilgt werden kann. Diese verschärften Vorgaben erschweren auch die Baufinanzierungen ohne Eigenkapital.
Du solltest also beweisen können, dass du in Zukunft die deutlich höheren Raten als bei einer Teilfinanzierung auch wirklich bezahlen kannst.
Auch die Länge der Sollzinsbindung hat Einfluss auf die Zinshöhe. Bei einer kurzen Zinsbindung von zum Beispiel fünf Jahren sind die Zinskosten in der Regel geringer als bei langen Zinsbindungen.
Oft nutzen Banken die 40-Prozent-Regel, um zu erwägen, ob solche großen Finanzierungen in Frage kommen. Diese Regel besagt, dass deine monatliche Rate zur Ablösung von allen Krediten nicht mehr als 40 Prozent deines monatlichen Einkommens ausmachen dürfen. Falls du also noch andere Kredite abbezahlst, beispielsweise für das Auto, wird diese Rate auch in die 40-Prozent-Regel mit eingerechnet.
In der Praxis heißt das: Bei einem Nettoeinkommen von 4.000 Euro dürfte Zinszahlungen und Tilgung zusammen für das Haus im Monat maximal 1.600 Euro hoch sein.
Chancen auf einen Immobilienkredit ohne Eigenkapital hast du, wenn folgende Punkte auf dich zutreffen:
Bei der überschlägigen Ermittlung der maximalen Darlehenshöhe und damit der Frage, wie viel Immobilie man sich leisten kann, hilft der Budgetrechner.
Personen mit schwankendem Einkommen, wie es bei Selbstständigen oder Freiberuflern üblich ist, haben deutlich geringere Chancen, eine Immobilie von der Bank vollfinanzieren zu lassen. Das Risiko eines Zahlungsausfalls und damit verbundene Gefahr, bei einer möglichen Zwangsversteigerung viel Geld zu verlieren, ist sehr hoch.
Wenn du deine Immobilie mit einer Vollfinanzierung finanzierst, hat das im Vergleich zur Finanzierung mit Eigenkapital gleich mehrere Auswirkungen:
Je niedriger das Eigenkapital ist, desto höher ist nicht nur der Finanzierungsbedarf, sondern auch der Zins. Beispiel: Deine Immobilie kostet 600.000 Euro zuzüglich 60.000 Euro Nebenkosten. Du willst weniger als 30 Jahre abbezahlen. Die Konditionen bleiben auch nach der Sollzinsbindung gleich.
Finanzierungssumme | Zinsen * | Tilgung | Monatliche Rate | Dauer | |
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80 % des Kaufpreises | 480.000 Euro | 4,00 % | 2,00 % | 2.400 Euro | 27 Jahre, 7 Monate |
100 % des Kaufpreises | 600.000 Euro | 4,50 % | 2,00 % | 3.250 Euro | 26 Jahre, 3 Monate |
110 % (Kaufpreis mit Nebenkosten) | 660.000 Euro | 4,75 % | 2,00 % | 3.712 Euro | 25 Jahre, 8 Monate |
Wenn du aber 3 statt 2 Prozent monatlich tilgst, kannst du die Laufzeit enorm verkürzen.
Finanzierungssumme | Zinsen * | Tilgung | Monatliche Rate | Dauer | |
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110 % mit sehr hoher Tilgung | 660.000 Euro | 4,75 % | 3 % | 4.262 Euro | 20 Jahre, 1 Monat |
Du zahlst bei 3 Prozent Tilgung und 4,75 Prozent Zinsen zwar über 4.262 Euro pro Monat, bist aber bereits nach 20 Jahren fertig. Dabei sparst du sogar Geld. 119.000 Euro zahlst du bei der sehr hohen Tilgung über 20 Jahre weniger als bei der normalen 110-Prozent Finanzierung über 25 Jahre. Zweifellos bleiben aber alle Finanzierungsbeispiele nur Personen vorbehalten, die über die entsprechenden finanziellen Mittel verfügen.
Wird der gesamte Kaufpreis einer Immobilie oder sogar inklusive Nebenkosten von einer Bank finanziert, erhöht sich für diese das Risiko eines Zahlungsausfalls. Der Grund: Kann der Darlehensnehmer seine Raten nicht mehr zahlen, gelangt die Immobilie in die Zwangsversteigerung.
Oftmals kann die Bank dann nicht mehr den ursprünglichen Kaufpreis erzielen und macht somit Verluste. Das erhöht ihr Risiko. Dieses erhöhe Risiko einer Baufinanzierung ohne Eigenkapital lassen sich die Banken mit einem Zinsaufschlag bezahlen.
Bei einer Vollfinanzierung einer Immobilie kommt oft eine hohe Geldsumme zusammen, die statistisch einen sehr hohen Teil von dem ausmacht, die eine einzelne Person in seinem ganzen Leben überhaupt verdient. Die Gefahr ist deswegen gegeben, dass du bei kleinen Tilgungssätzen als Darlehensnehmer nicht vor Eintritt in die Rente die Immobilie abbezahlen kannst. Zumal man nicht vorhersehen kann, wie hoch die Zinsen nach der Sollzinsbindung sind. Mit Pech herrscht zu dem Zeitpunkt eine Hochzinsphase: Dann bist du gezwungen, eine Anschlussfinanzierung abzuschließen, die wesentlich teurer ist. Unter Umständen muss deine Tilgungsrate deswegen gesenkt werden, damit du die gesamte Rate aus Zins und Tilgung überhaupt stemmen kannst, was aber auch die Laufzeit deines Darlehens verlängert.
Manche Banken lassen sich auch darauf ein, dass im Falle von Zahlungsengpässen die Tilgung des Darlehens reduziert werden kann. Derartige Regelungen sollten aber schon im Kreditvertrag geregelt werden, andernfalls ist der Eigentümer auf die Kulanz seiner Bank angewiesen.
Wer ohne Eigenkapital eine Immobilie finanziert, hat in der aktuellen Zinsphase mit etwa 4 Prozent Zinsen mit weitaus höheren Zinskosten zu rechnen, als es noch Anfang 2022 der Fall war. Historisch gesehen, sind die aktuellen Zinsen immer noch niedrig, in Zukunft können sie aber weiterhin ansteigen – zum Vergleich: zwischen 1980 und 1984 lagen die Zinsen für Baufinanzierungen bei fast 9 Prozent. Die heute noch niedrigen Zinskosten mit hoher Tilgung haben den Vorteil, dass nach dem Ende der Zinsbindung eine deutlich geringere Summe im Anschluss finanziert werden muss. Die späteren Konditionen bei der Anschlussfinanzierung fallen bei einer hohen Tilgungsrate günstiger aus.
Du kannst dich vor den finanziellen Folgen einer Zahlungsunfähigkeit und den Verlust der Immobilie zum Teil schützen. Eine Restschuldversicherung oder eine Risikolebensversicherung springt ein, wenn zum Beispiel der Ehepartner stirbt oder zum Pflegefall wird. Zudem kann deine Berufsunfähigkeitsversicherung einen Teil deines regelmäßigen Einkommens übernehmen, wenn du als Hauptverdiener deinen Beruf nicht mehr ausüben kannst.
Ob eine Bank deine Immobilie vollfinanziert oder nicht, lässt sich nicht pauschal beantworten. Gerade mit Blick auf die gerade steigenden Bauzinsen verändert sich die Angebotspalette der Banken rasant und kann schon bald auch nicht mehr angeboten werden.
Ein erster Schritt kann sein, die eigene Hausbank zu befragen. Sie weiß um deine finanziellen Verhältnisse, deine Gehaltseingänge, ob du Kredite noch abbezahlst und kann deswegen einschätzen, ob eine Vollfinanzierung – ob mit oder ohne Nebenkosten – für dich infrage kommt.
Für eine Vollfinanzierung suchen Banken die größte Sicherheit. Deswegen wird es für Banken lukrativer, je besser der Zustand und je begehrter die Lage des Hauses oder der Wohnung ist. Beabsichtigst du also eine Immobilie fernab einer Metropole zu erwerben, die noch saniert werden muss, werden Banken wohl eher von einer Vollfinanzierung absehen. Der Neubau inmitten einer angesehenen Wohngegend einer Großstadt dagegen kann für die Bank ein Argument pro Vollfinanzierung sein. Zusätzlich ist die Ausstattung wichtig. Solch eine Immobilie in guter Lage erzeugt eine höhere Nachfrage und lässt sich später sogar mit einem höheren Erlös verkaufen.
Vorteile Vollfinanzierung | Nachteile Vollfinanzierung |
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Eine Vollfinanzierung ist vor allem dann möglich, wenn die Immobilie bezahlbar ist und der Darlehensnehmer einen sicheren Job hat. Wesentlich ist, dass nach Abzug der Monatsrate genug Geld zum Leben übrigbleibt. Da aktuell die Zinsen sehr hoch sind, sollte eine Vollfinanzierung gut überlegt sein. Je höher die Zinsen, desto teurer werden auch die Raten, die monatlich an die Bank gezahlt werden müssen. Bei einer Vollfinanzierung sollte aber trotzdem eine möglichst hohe Tilgung vereinbart werden, damit die Schulden vor dem Rentenbeginn getilgt sind. Eine höhere Tilgung bedeutet aber zugleich eine höhere monatliche Belastung.
Wie du eine Immobilie mit Eigenkapital finanzierst, liest du hier.
Rosenberger am 07.03.2018 12:30
Schöner Artikel. Wie verhält es sich, wenn man as Rentner mit geringen Eigenkapital einen Zwischenfinanzierung benötigt?
auf Kommentar antwortenImmowelt-Redaktion am 07.03.2018 14:52
Hallo und vielen Dank für Ihren Kommentar,
das lässt sich allgemeingültig leider nicht sagen. Am besten, Sie erkundigen sich direkt bei verschiedenen Banken nach den Möglichkeiten einer Zwischenfinanzierung.
Mit freundlichen Grüßen
die Immowelt-Redaktion
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